§ 12 Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen

(1) Beschäftigungsgeber haben dafür zu sorgen, dass bei ihnen mindestens eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet ist und betrieben wird, an die sich Beschäftigte wenden können (interne Meldestelle). Ist der Bund oder ein Land Beschäftigungsgeber, bestimmen die obersten Bundes- oder Landesbehörden Organisationseinheiten in Form von einzelnen oder mehreren Behörden, Verwaltungsstellen, Betrieben oder Gerichten. Die Pflicht nach Satz 1 gilt sodann für die Einrichtung und den Betrieb der internen Meldestelle bei den jeweiligen Organisationseinheiten. Für Gemeinden und Gemeindeverbände und solche Beschäftigungsgeber, die im Eigentum oder unter der Kontrolle von Gemeinden und Gemeindeverbänden stehen, gilt die Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb interner Meldestellen nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts.

(2) Die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 gilt nur für Beschäftigungsgeber mit jeweils in der Regel mindestens 50 Beschäftigten.

(3) Abweichend von Absatz 2 gilt die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 unabhängig von der Zahl der Beschäftigten für

  1. Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes,
  2. Datenbereitstellungsdienste im Sinne des § 2 Absatz 40 des Wertpapierhandelsgesetzes,
  3. Börsenträger im Sinne des Börsengesetzes,
  4. Institute im Sinne des § 1 Absatz 1b des Kreditwesengesetzes und Institute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes,
  5. Gegenparteien im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2021/23 (ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils
    geltenden Fassung,
  6. Kapitalverwaltungsgesellschaften gemäß § 17 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs sowie
  7. Unternehmen gemäß § 1 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes mit Ausnahme der nach den §§ 61 bis 66a des Versicherungsaufsichtsgesetzes tätigen Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(4) Die nach Absatz 1 Satz 1 verpflichteten Beschäftigungsgeber erteilen der internen Meldestelle die notwendigen Befugnisse, um ihre Aufgaben wahrzunehmen, insbesondere, um Meldungen zu prüfen und Folgemaßnahmen zu ergreifen. Ist der Beschäftigungsgeber der Bund oder ein Land, gilt Satz 1 für die jeweiligen Organisationseinheiten entsprechend.

Gesetzesbegründung zu § 12 HinSchG

Zu Absatz 1
Die Vorschrift setzt Artikel 8 Absatz 1 der HinSch-RL um. Nach Artikel 8 Absatz 1 der HinSch-RL haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass von den Betroffenen interne Meldestellen eingerichtet werden. Eine Sanktionierung von Stellen, die gegen die Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb verstoßen, ist in § 40 Absatz 2 Nummer 2 geregelt. Darüber hinaus steht hinweisgebenden Personen in jedem Fall der Meldeweg der externen Meldestelle offen, so dass es im eigenen Interesse der nach diesem Absatz Verpflichteten liegt, über funktionsfähige interne Meldestellen Anreize zu schaffen dafür, dass Beschäftigte nicht im ersten Schritt bereits eine externe Meldestelle kontaktieren.
Für Bund und Länder als juristische Personen des öffentlichen Rechts ist Satz 2 zu beachten: Soweit sie Beschäftigungsgeber sind, können die obersten Bundes- oder Landesbehörden Organisationseinheiten in Form von einzelnen oder mehreren Behörden, Verwaltungsstellen, Betrieben oder Gerichten bestimmen, die interne Meldestellen einzurichten und zu betreiben haben. Durch diese flexible Regelung kann je nach Verwaltungs- und Organisationsstrukturen eine passgenaue Lösung gefunden werden, die eine niedrigschwellige Erreichbarkeit einer internen Meldestelle gewährleistet, ohne ineffiziente und zu kleinteilige Strukturen zu schaffen.

Für Gemeinden und Gemeindeverbände richtet sich die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen nach dem jeweiligen Landesrecht, da dem Bund insoweit infolge des „Durchgriffsverbots“ nach Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG eine unmittelbare Aufgabenübertragung an Gemeinden und Gemeindeverbände verwehrt ist. In Umsetzung von Artikel 8 Absatz 9 Unterabsatz 2 der HinSch-RL kann insoweit im jeweiligen Landesrecht auch vorgesehen werden, dass Gemeinden und Gemeindeverbände mit weniger als 10 000 Einwohnern von der Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen ausgenommen werden.

Zu Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 8 Absatz 3 und 9 Unterabsatz 2 der HinSch-RL um. Die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen erstreckt sich im Grundsatz auf alle Beschäftigungsgeber und gemäß Absatz 1 Satz 2 mit einer internen Meldestelle versehenen Organisationseinheiten mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten. Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.1991 – 2 AZR 356/90, Urteil vom 24.1.2013 – 2 AZR 140/12). Es soll nicht eine auf einen bestimmten Stichtag abgestellte Betrachtung erfolgen.

Zu Absatz 3
Absatz 3 erstreckt die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen auf bestimmte Unternehmer mit weniger als 50 Beschäftigten und setzt damit Artikel 8 Absatz 4 der HinSch-RL um.
Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen bereits nach geltendem Unionsrecht die Einrichtung und das Betreiben interner Meldekanäle vorgeschrieben sind. Die unionsrechtlichen Einzelrechtsakte, aus denen sich diese Pflicht jeweils ergibt, sind im Anhang in den Teilen I B und II der HinSch-RL aufgeführt.
Zu beachten ist § 4 Absatz 1: Soweit die dort genannten Vorschriften Vorgaben für interne Meldestellen beinhalten, gehen die dortigen Vorgaben diesem Gesetz vor. Eine Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen im Sinne dieses Gesetzes besteht damit nicht.

Zu Absatz 4
Damit die internen Meldestellen ihnen durch dieses Gesetz übertragenen Aufgaben ausüben können, werden die Beschäftigungsgeber verpflichtet, gegebenenfalls notwendige Regelungen zu treffen, damit die mit der Aufgabe betrauten Personen entsprechend tätig werden können. Die Beschäftigungsgeber nehmen die konkrete Ausgestaltung der Befugnisse der internen Meldestelle nach den Anforderungen dieses Gesetzes und im Rahmen der geltenden rechtlichen Grundlagen vor. Ist der Beschäftigungsgeber der Bund oder ein Land, gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.

§ 11 Dokumentation der Meldungen

(1) Die Personen, die in einer Meldestelle für die Entgegennahme von Meldungen zuständig sind, dokumentieren alle eingehenden Meldungen in dauerhaft abrufbarer Weise unter Beachtung des Vertraulichkeitsgebots (§ 8).

(2) Bei telefonischen Meldungen oder Meldungen mittels einer anderen Art der Sprachübermittlung darf eine dauerhaft abrufbare Tonaufzeichnung des Gesprächs oder dessen vollständige und genaue Niederschrift (Wortprotokoll) nur mit Einwilligung der hinweisgebenden Person erfolgen. Liegt eine solche Einwilligung nicht vor, ist die Meldung durch eine von der für die Bearbeitung der Meldung verantwortlichen Person zu erstellende Zusammenfassung ihres Inhalts (Inhaltsprotokoll) zu dokumentieren.

(3) Erfolgt die Meldung im Rahmen einer Zusammenkunft gemäß § 16 Absatz 3 oder § 27 Absatz 3, darf mit Zustimmung der hinweisgebenden Person eine vollständige und genaue Aufzeichnung der Zusammenkunft erstellt und aufbewahrt werden. Die Aufzeichnung kann durch Erstellung einer Tonaufzeichnung des Gesprächs in dauerhaft abrufbarer Form oder durch ein von der für die Bearbeitung der Meldung verantwortlichen Person erstelltes Wortprotokoll der Zusammenkunft erfolgen.

(4) Der hinweisgebenden Person ist Gelegenheit zu geben, das Protokoll zu überprüfen, gegebenenfalls zu korrigieren und es durch ihre Unterschrift oder in elektronischer Form zu bestätigen. Wird eine Tonaufzeichnung zur Anfertigung eines Protokolls verwendet, so ist sie zu löschen, sobald das Protokoll fertiggestellt ist.

(5) Die Dokumentation wird drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens gelöscht. Die Dokumentation kann länger aufbewahrt werden, um die Anforderungen nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften zu erfüllen, solange dies erforderlich und verhältnismäßig ist.

Gesetzesbegründung zu § 11 HinSchG

Die Norm dient der Umsetzung von Artikel 18 der HinSch-RL.

Zu Absatz 1
Die bei der Meldestelle eingehenden Meldungen unterliegen einer umfassenden Dokumentationspflicht durch die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Zu Absatz 2
Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 18 Absatz 2 und 3 der HinSch-RL.

Zu Absatz 3
Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 18 Absatz 4 der HinSch-RL.

Zu Absatz 4
Nach Artikel 18 Absatz 2 bis 4 der HinSch-RL ist dem Hinweisgeber Gelegenheit zu geben, das jeweilige Protokoll, die Niederschrift oder das Gesprächsprotoll zu überprüfen, gegebenenfalls zu korrigieren und es durch seine Unterschrift zu bestätigen. Die Bestätigung kann auch in elektronischer Form (§ 3a Absatz 2 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), § 126a Absatz 1 BGB) erfolgen.

Zu Absatz 5
Gemäß Artikel 18 Absatz 1 Satz 2 der HinSch-RL werden die Meldungen nicht länger aufbewahrt, als dies erforderlich und verhältnismäßig ist, um die von der Richtlinie auferlegten Anforderungen oder andere Anforderungen nach Unionsrecht oder nationalem Recht zu erfüllen. Dabei muss bei aus der Meldung resultierenden Rechtsstreitigkeiten auf Unterlagen zum Hinweisgeberverfahren zurückgegriffen werden können. Auch erscheint eine über den Abschluss des Verfahrens hinausgehende Aufbewahrungsfrist für den Fall erforderlich, dass eine weitere Meldung zu einem Sachverhalt, zu dem bereits ein Verfahren nach diesem Gesetz abgeschlossen wurde, eingeht.

§ 10 Verarbeitung personenbezogener Daten

Die Meldestellen sind befugt, personenbezogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer in den §§ 13 und 24 bezeichneten Aufgaben erforderlich ist. Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten durch eine Meldestelle zulässig, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. In diesem Fall hat die Meldestelle spezifische und angemessene Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person vorzusehen; § 22 Absatz 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes ist entsprechend anzuwenden.

Gesetzesbegründung zu § 10 HinSchG

Die Vorschrift schafft die für die Arbeit der internen und externen Meldestellen erforderlichen Datenverarbeitungsbefugnisse. Durch die Verarbeitungsbefugnis dürfen die in den Meldungen enthaltenen personenbezogenen Daten durch die Meldestellen sowohl entgegengenommen als auch ausgewertet werden. Darüber hinaus dürfen bei der Durchführung der Folgemaßnahmen neue personenbezogene Daten erhoben und weiterverarbeitet werden. Die Meldestellen haben zudem die geltenden Vorschriften der DSGVO und des BDSG zu beachten. Die Übermittlung personenbezogener Daten durch die Meldestellen erfolgt vorbehaltlich des § 8. Für die Verarbeitung der zu den besonderen Kategorien im Sinne von Artikel 9 DSGVO gehörenden personenbezogenen Daten gilt ein dem besonderen Schutzbedarf entsprechendes hohes Schutzniveau (Artikel 9 Absatz 2 DSGVO sowie im BDSG unter anderem § 22 BDSG).

§ 9 Ausnahmen vom Vertraulichkeitsgebot

(1) Die Identität einer hinweisgebenden Person, die vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Informationen über Verstöße meldet, wird nicht nach diesem Gesetz geschützt.

(2) Informationen über die Identität einer hinweisgebenden Person oder über sonstige Umstände, die Rückschlüsse auf die Identität dieser Person erlauben, dürfen abweichend von § 8 Absatz 1 an die zuständige Stelle weitergegeben werden

  1. in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden,
  2. aufgrund einer Anordnung in einem einer Meldung nachfolgenden Verwaltungsverfahren, einschließlich verwaltungsbehördlicher Bußgeldverfahren,
  3. aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, Seite 6 von 19Bundesgesetzblatt Jahrgang 2023 Teil I Nr. 140, ausgegeben zu Bonn am 2. Juni 2023
  4. von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als externe Meldestelle nach § 21 an die zuständigen Fachabteilungen innerhalb der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie bei in § 109a des Wertpapierhandelsgesetzes genannten Vorgängen an die in § 109a des Wertpapierhandelsgesetzes genannten Stellen oder
  5. von dem Bundeskartellamt als externe Meldestelle nach § 22 an die zuständigen Fachabteilungen innerhalb des Bundeskartellamtes sowie in den Fällen des § 49 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 und § 50d des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen an die jeweils zuständige Wettbewerbsbehörde.

Die Meldestelle hat die hinweisgebende Person vorab über die Weitergabe zu informieren. Hiervon ist abzusehen, wenn die Strafverfolgungsbehörde, die zuständige Behörde oder das Gericht der Meldestelle mitgeteilt hat, dass durch die Information die entsprechenden Ermittlungen, Untersuchungen oder Gerichtsverfahren gefährdet würden. Der hinweisgebenden Person sind mit der Information zugleich die Gründe für die Weitergabe schriftlich oder elektronisch darzulegen.

(3) Über die Fälle des Absatzes 2 hinaus dürfen Informationen über die Identität der hinweisgebenden Person oder über sonstige Umstände, die Rückschlüsse auf die Identität dieser Person erlauben, weitergegeben werden, wenn

  1. die Weitergabe für Folgemaßnahmen erforderlich ist und
  2. die hinweisgebende Person zuvor in die Weitergabe eingewilligt hat.

Die Einwilligung nach Satz 1 Nummer 2 muss für jede einzelne Weitergabe von Informationen über die Identität gesondert und in Textform vorliegen. Die Regelung des § 26 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes bleibt unberührt.

(4) Informationen über die Identität von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und von sonstigen in der Meldung genannten Personen dürfen abweichend von § 8 Absatz 1 an die jeweils zuständige Stelle weitergegeben werden

  1. bei Vorliegen einer diesbezüglichen Einwilligung,
  2. von internen Meldestellen, sofern dies im Rahmen interner Untersuchungen bei dem jeweiligen Beschäftigungsgeber oder in der jeweiligen Organisationseinheit erforderlich ist,
  3. sofern dies für das Ergreifen von Folgemaßnahmen erforderlich ist,
  4. in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörde,
  5. aufgrund einer Anordnung in einem einer Meldung nachfolgenden Verwaltungsverfahren, einschließlich verwaltungsbehördlicher Bußgeldverfahren,
  6. aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung,
  7. von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als externe Meldestelle nach § 21 an die zuständigen Fachabteilungen innerhalb der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie bei in § 109a des Wertpapierhandelsgesetzes genannten Vorgängen an die in § 109a des Wertpapierhandelsgesetzes genannten Stellen oder
  8. von dem Bundeskartellamt als externe Meldestelle nach § 22 an die zuständigen Fachabteilungen innerhalb des Bundeskartellamtes sowie in den Fällen des § 49 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 und § 50d des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen an die jeweils zuständige Wettbewerbsbehörde.

Gesetzesbegründung zu § 9 HinSchG

Zu Absatz 1
Die Identität von Personen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Informationen melden, wird nicht nach Maßgabe dieses Gesetzes vor einer Weitergabe geschützt. Im Fall einer solchen Falschmeldung besteht für Personen, die Gegenstand dieser Meldung sind, ein berechtigtes Interesse daran, Kenntnis über die Identität der meldenden Person zu erlangen, um gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen zu können.
Die Vorschrift korrespondiert mit § 33 Absatz 1 Nummer 2, der verlangt, dass die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung einen hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprachen. Ist dies nicht der Fall, ist die hinweisgebende Person von den Schutzvorschriften dieses Gesetzes vollumfänglich ausgenommen. Damit wird gewährleistet, dass wissentlich oder grob fahrlässig falsche Informationen meldende Personen keinen Schutz ihrer Identität erhalten, und falschen Verdächtigungen vorgebeugt.
Umgekehrt gilt der Schutz der Vertraulichkeit der Identität auch dann, wenn hinweisgebende Personen fahrlässig eine Meldung von falschen Informationen über Verstöße erstatten, denn regelmäßig ist es für die Personen, die meinen, Verstöße beobachtet zu haben, nicht zumutbar, dem Verdacht selbst weiter nachzugehen und beispielweise weitere Belege und Beweise zu sammeln, bevor sie eine Meldung vornehmen.

Zu Absatz 2
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 16 Absatz 2 der HinSch-RL, wonach die Identität der hinweisgebenden Person sowie alle anderen Informationen, aus denen deren Identität direkt oder indirekt abgeleitet werden kann, nur offengelegt werden dürfen, wenn dies nach Unionsrecht oder nationalem Recht eine notwendige und verhältnismäßige Pflicht im Rahmen der Untersuchungen durch nationale Behörden oder von Gerichtsverfahren darstellt, so auch im Hinblick auf die Wahrung der Verteidigungsrechte der betroffenen Person.
Die HinSch-RL verlangt demnach eine Abwägungsentscheidung im Hinblick auf die Weitergabe der Identität der hinweisgebenden Person, deren Notwendigkeit im nationalen Recht aus dem für alles staatliche Handeln zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgt. Abzuwägen ist insbesondere zwischen dem berechtigten Interesse der meldenden Person an der vertraulichen Behandlung ihrer Identität auf der einen und dem Interesse der Strafverfolgungs- und Verwaltungsbehörden an der Aufklärung eines Sachverhaltes und der Verfolgung von Straftaten auf der anderen Seite.
Es ist davon auszugehen, dass das Interesse der hinweisgebenden Person an der Vertraulichkeit ihrer Identität ein großes Gewicht hat und daher nur in begründeten Fällen ohne die Zustimmung dieser Person hinter den Interessen an einer Weitergabe zurücktreten kann. Denn Sinn und Zweck der Meldestellen für hinweisgebende Personen ist es gerade, dass diese im Vertrauen auf den Schutz ihrer Identität eine Meldung machen können und gerade durch die vertrauliche Behandlung vor Repressalien geschützt werden. Zu beachten ist hierbei aber § 4 Absatz 4, nach dem die Anwendung des Strafprozessrechts nicht berührt wird. Damit muss die Weitergabe der Identität im Rahmen von Ermittlungs-, Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren generell möglich, aber auch erforderlich sein. Zuständig für diese Abwägungsentscheidung ist damit allein die jeweils die Herausgabe der Identität anordnende Stelle entsprechend der für sie geltenden gesetzlichen Vorgaben, also etwa im Falle strafrechtlicher Ermittlungen die Staatsanwaltschaft und das Gericht. Gerichtliche Entscheidungen im Sinne der Nummer 4 umfassen auch gerichtliche Verfügungen und sind im materiellen Sinne zu verstehen.
§ 9 Absatz 2 regelt grundsätzlich nur die Befugnis der Meldestellen – abweichend von dem Verbot des § 8 – Daten zur Identität der hinweisgebenden Person weiterzugeben. Die Verpflichtung zur Herausgabe dieser Daten ergibt sich sodann aus den allgemeinen Gesetzen, etwa der StPO. Der Meldestelle wird über diese Vorschrift kein Entscheidungsspielraum eröffnet.
Anders als in den Fällen des Absatzes 3 hat sie vor der Weitergabe der Daten auch nicht die Einwilligung der hinweisgebenden Person einzuholen.
Im Sinne der Transparenz ordnet Satz 2 im Einklang mit Artikel 16 Absatz 3 der HinSch-RL an, dass die hinweisgebende Person im Regelfall über die Weitergabe ihrer Identität vorab zu informieren ist. Durch diese Information kann sie sich auf eine mögliche Kontaktierung einstellen und gegebenenfalls Unterstützung und Beratung suchen.
Gemäß Satz 3 ist von einer Information abzusehen, wenn die anordnende Stelle mitteilt, dass durch eine Unterrichtung die Ermittlungen, Untersuchungen oder Gerichtsverfahren gefährdet würden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn droht, dass die hinweisgebende Person Beweise vernichten oder in anderer Weise die Ermittlungen behindern könnte.

Zu Absatz 3
Die Vorschrift setzt Artikel 16 Absatz 1 der HinSch-RL um, der die ausdrückliche Zustimmung der hinweisgebenden Person verlangt, bevor deren Identität – außer in den von Absatz 1 und 2 erfassten Fällen – weitergegeben wird.
In Satz 3 wird ein deklaratorischer Hinweis auf die geltende Vorschrift für die Einwilligung im Beschäftigungsverhältnis aufgenommen.

Zu Absatz 4
Für den Schutz der Identität von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, gilt im Grundsatz gemäß § 8 das gleiche Schutzniveau wie für die Identität der hinweisgebenden Personen. Es sind allerdings Einschränkungen vorzusehen für solche Fälle, in denen der Verstoß nicht anders abgestellt werden kann. Nummer 1 regelt dies für interne Meldeverfahren und gibt internen Meldestellen die Befugnis, im Rahmen der Erforderlichkeit die Identität für interne Untersuchungen intern weiterzugeben. Gemäß Nummer 2 kann die Weitergabe erfolgen, wenn diese für das Ergreifen von Folgemaßnahmen erforderlich ist. Anders als bei der hinweisgebenden Person nach Absatz 3 muss hierfür keine Zustimmung der betroffenen Person eingeholt werden.
Darüber hinaus erfolgt eine Weitergabe an zuständige Behörden oder im Rahmen von Gerichtsverfahren nach den gleichen Maßstäben wie die Weitergabe der Identität der hinweisgebenden Person nach Absatz 2 Satz 1.
Zu beachten ist, dass es sich bei dem Herausgabeverlangen der Strafverfolgungsbehörde nach Absatz 4 Nummer 3 um eine zusätzliche, nach dem Strafprozessrecht vorgesehene Möglichkeit handelt. Die aktive Einbindung der Strafverfolgungsbehörde durch eine Meldestelle ist darüber hinaus – unabhängig von einer Einwilligung der Person, die Gegenstand einer Meldung ist – nach Nummer 2 möglich.

§ 8 Vertraulichkeitsgebot

(1) Die Meldestellen haben die Vertraulichkeit der Identität der folgenden Personen zu wahren:

      1. der hinweisgebenden Person, sofern die gemeldeten Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei,
      2. der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und
      3. der sonstigen in der Meldung genannten Personen.

    Die Identität der in Satz 1 genannten Personen darf ausschließlich den Personen, die für die Entgegennahme von Meldungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen zuständig sind, sowie den sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen bekannt werden.

    (2) Das Gebot der Vertraulichkeit der Identität gilt unabhängig davon, ob die Meldestelle für die eingehende Meldung zuständig ist.

    Gesetzesbegründung zu § 8 HinSchG

    Zu Absatz 1
    Damit ein Hinweisgeberschutzsystem wirksam und funktionstüchtig ist, ist es unerlässlich, dass die Identitäten aller von einer Meldung betroffenen Personen weitgehend geschützt werden.
    Dies gilt gemäß Nummer 1 zunächst für die hinweisgebende Person selbst. Diese soll darauf vertrauen können, dass ihr aus der Meldung keine Nachteile entstehen. Daher ist als erster Schritt die Identität der hinweisgebenden Person im Regelfall und so weitgehend wie möglich vor einem Bekanntwerden zu schützen.
    Berechtigte Schutzinteressen haben darüber hinaus auch die sonstigen betroffenen Personen. Dies sind zum einen nach Nummer 2 die Personen, die durch eine Meldung belastet werden und somit Gegenstand einer Meldung sind. Die Formulierung entspricht § 4d Absatz 3 Satz 2 FinDAG, der dieses Schutzniveau für die Identität potentiell belasteter Personen bereits für die bei der BaFin eingerichtete Meldestelle vorschreibt. Schließlich erstreckt sich der Schutz nach diesem Absatz in Nummer 3 auch auf die Identität von sonstigen Personen, die in einer Meldung benannt werden. Hierbei geht es um beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte, die beispielsweise Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte oder auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber selbst sein können. Diese Dritten können Verstöße beobachtet haben oder sie können in sonstiger Weise von der Meldung betroffen sein. Da diese Dritten gegebenenfalls im weiteren Verfahren eine wichtige Rolle spielen können, ist ihre Identität ebenfalls weitgehend zu schützen. Der Schutz der Identität dieser Personen soll falsche Verdächtigungen und Verleumdungen, aber auch eine Einflussnahme auf potentielle Zeuginnen und Zeugen verhindern.
    Der Schutz nach Absatz 1 umfasst für alle diese Personen die Wahrung der Vertraulichkeit der Identität in jedem Verfahrensstadium und bei interner und externer Meldestelle gleichermaßen.
    Um den Kreis derjenigen Personen, die Kenntnis über die Identitäten der von der Meldung betroffenen Personen haben, möglichst klein zu halten, legt Satz 2 fest, dass die Identitäten nur den tatsächlich zuständigen Personen bekannt werden dürfen. Dadurch wird ein Weiterreichen einer eingegangenen Meldung innerhalb der Meldestelle auf das zwingend notwendige Maß beschränkt. Ein Bekanntwerden der Identitäten ist neben den für die Meldung zuständigen Personen auch gegenüber unterstützendem Personal wie Büro- und IT-Kräften zulässig, soweit dies für die Unterstützungstätigkeit notwendig ist. Soweit erforderlich ist das unterstützende Personal ebenso wie die Personen, die für die Entgegennahme von Meldungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen zuständig sind, zur Vertraulichkeit zu verpflichten.
    Von der Vorschrift umfasst ist nicht nur die Identität der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen selbst, sondern auch alle anderen Informationen, aus denen die Identität dieser Personen abgeleitet werden kann. Die Vorschrift setzt mit Blick auf den Schutz der Identität der hinweisgebenden Person Artikel 16 Absatz 1 der HinSch-RL um.

    Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Meldestellen hat grundsätzlich unter Beachtung der geltenden Vorschriften zu erfolgen. Maßgeblich sind insofern vor allem die DSGVO und das BDSG.
    Um das Vertraulichkeitsgebot nicht zu konterkarieren, ist es allerdings erforderlich, die Ausübung bestimmter datenschutzrechtlicher Auskunfts- und Informationsrechte einzuschränken. Dies sieht auch Erwägungsgrund 84 der HinSch-RL vor.
    Die notwendigen Ausnahmetatbestände haben indes bereits Eingang in das BDSG gefunden. Über die im Rahmen des § 29 Absatz 1 BDSG geforderte Interessenabwägung lässt sich der erforderliche Gleichlauf zwischen dem Vertraulichkeitsschutz und datenschutzrechtlichen Informationspflichten und Auskunftsrechten herstellen. Nach § 29 Absatz 1 Satz 1 BDSG treffen den datenschutzrechtlich Verantwortlichen keine Informationspflichten, soweit durch ihre Erfüllung Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Nach § 29 Absatz 1 Satz 2 BDSG besteht das Recht zur Auskunft der betroffenen Person nicht, soweit durch die Auskunft Informationen offenbar würden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten (was regelmäßig hinsichtlich der hinweisgebenden Person – auch nach Abschluss der Ermittlungen – anzunehmen ist) geheim gehalten werden müssen. Soweit Informationen dem Vertraulichkeitsgebot unterliegen, sind diese nach § 29 Absatz 1 BDSG grundsätzlich geheim zu halten. Sofern die Daten im Einzelfall bei der betroffenen Person erhoben wurden, kann gemäß § 32 Absatz 1 BDSG die Informationspflicht nach Artikel 13 DSGVO ausgeschlossen sein.
    Soweit Erwägungsgrund 85 daneben die Einschränkung der Ausübung von Datenschutzrechten nach der Richtlinie (EU) 2016/680 fordert, besteht ebenfalls kein Umsetzungsbedarf. Die sogenannte EU-Richtlinie für Justiz und Inneres (JI-Richtlinie) ist durch Änderungen der StPO sowie des BDSG für den Bereich der Strafverfolgung in deutsches Recht umgesetzt worden. Die danach bestehenden Auskunfts- und Informationsrechte von Betroffenen im Strafverfahren ließen sich über bereits bestehende Ausnahmetatbestände mit dem Vertraulichkeitsgebot harmonisieren (vergleiche § 500 StPO in Verbindung mit § 56 Absatz 2, § 57 Absatz 4 BDSG).
    Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe d der HinSch-RL stellt allerdings klar, dass das Strafprozessrecht, dem die nach der Datenschutzrichtlinie vorgesehenen Auskunftsrechte zuzuordnen sind, nicht von der HinSch-RL berührt wird.

    Zu Absatz 2
    Hat sich eine hinweisgebende Person unter der fälschlichen Annahme der Zuständigkeit einer Meldestelle an diese gewandt, genießen die in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen den gleichen Schutz betreffend die Vertraulichkeit ihrer Identität wie in den Fällen, in denen die Meldestelle zuständig ist.

    § 7 Wahlrecht zwischen interner und externer Meldung

    (1) Personen, die beabsichtigen, Informationen über einen Verstoß zu melden, können wählen, ob sie sich an eine interne Meldestelle (§ 12) oder eine externe Meldestelle (§§ 19 bis 24) wenden. Diese Personen sollten in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen. Wenn einem intern gemeldeten Verstoß nicht abgeholfen wurde, bleibt es der hinweisgebenden Person unbenommen, sich an eine externe Meldestelle zu wenden.

    (2) Es ist verboten, Meldungen oder die auf eine Meldung folgende Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und Meldestelle zu behindern oder dies zu versuchen.

    (3) Beschäftigungsgeber, die nach § 12 Absatz 1 und 3 zur Einrichtung interner Meldestellen verpflichtet sind, sollen Anreize dafür schaffen, dass sich hinweisgebende Personen vor einer Meldung an eine externe Meldestelle zunächst an die jeweilige interne Meldestelle wenden. Diese Beschäftigungsgeber stellen für Beschäftigte klare und leicht zugängliche Informationen über die Nutzung des internen Meldeverfahrens bereit. Die Möglichkeit einer externen Meldung darf hierdurch nicht beschränkt oder erschwert werden.

    Gesetzesbegründung zu § 7 HinSchG

    Zu Absatz 1
    Hinweisgebende Personen können sich unmittelbar an eine externe Meldestelle wenden oder nachdem sie sich zunächst an eine interne Meldestelle gewandt haben. Hinweisgebende Personen können denjenigen Meldekanal wählen, der sich angesichts der fallspezifischen Umstände am besten eignet. Die Vorschrift hat klarstellenden Charakter und setzt Artikel 10 der HinSch-RL um.

    Zu Absatz 2
    Die Vorschrift verbietet es, auf hinweisgebende Personen vor einer Meldung oder im Rahmen der auf eine Meldung folgenden Kommunikation mit der Meldestelle Einfluss zu nehmen, um diese von einer Meldung oder der weiteren Kommunikation mit der Meldestelle abzuhalten oder diese einzuschränken. Die Behinderung kann auf verschiedenste Weise erfolgen. Umfasst sind insbesondere Drohungen und Maßnahmen mit dem Ziel, die hinweisgebende Person einzuschüchtern. Hierzu zählt gegebenenfalls auch das missbräuchliche Anstrengen von Gerichtsverfahren, um so (potentiell) hinweisgebende Personen zuverängstigen und dadurch in ihrem Meldeverhalten zu beeinflussen. Dies kommt nament-
    lich für solche Klagen in Betracht, die nicht der Geltendmachung eigener Rechte, sondern allein dem Ziel dienen, hinweisgebende Personen einzuschüchtern, und bei denen sich der Kläger schon nach geltendem Recht schadensersatzpflichtig machen (§ 826 BGB) oder sogar einer Strafverfolgung nach § 240 StGB aussetzen würde.
    Die Vorschrift schafft ein Handlungsverbot zur Umsetzung von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a und c der HinSch-RL.

    § 6 Verhältnis zu sonstigen Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten

    (1) Beinhaltet eine interne oder eine externe Meldung oder eine Offenlegung ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 Nummer 1 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, so ist die Weitergabe des Geschäftsgeheimnisses an eine zuständige Meldestelle oder dessen Offenlegung erlaubt, sofern

    1. die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Weitergabe oder die Offenlegung des Inhalts dieser Informationen notwendig ist, um einen Verstoß aufzudecken, und
    2. die Voraussetzungen des § 33 Absatz 1 Nummer 2 und 3 erfüllt sind.

    (2) Vorbehaltlich der Vorgaben des § 5 dürfen Informationen, die einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht, einer Rechtsvorschrift des Bundes, eines Landes oder einem unmittelbar geltenden Rechtsakt der Europäischen Union über die Geheimhaltung oder über Verschwiegenheitspflichten, dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung oder dem Sozialgeheimnis nach § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch unterliegen, an eine zuständige Meldestelle weitergegeben oder unter den Voraussetzungen des § 32 offen gelegt werden, sofern

    1. die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Weitergabe oder die Offenlegung des Inhalts dieser Informationen notwendig ist, um einen Verstoß aufzudecken, und
    2. die Voraussetzungen des § 33 Absatz 1 Nummer 2 und 3 erfüllt sind.

    (3) Personen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit für eine Meldestelle Informationen erlangen, die einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht, einer Rechtsvorschrift des Bundes über die Geheimhaltung oder über Verschwiegenheitspflichten, dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung oder dem Sozialgeheimnis nach § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch unterliegen, haben ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Informationen

    1. diese Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungsvorschriften vorbehaltlich des Absatzes 4 anzuwenden und
    2. die schutzwürdigen Belange Betroffener in gleicher Weise zu beachten wie sie die hinweisgebende Person zu beachten hat, die die Informationen der Meldestelle mitgeteilt hat.

    (4) Meldestellen dürfen Geheimnisse im Sinne der Absätze 1 und 2 nur insoweit verwenden oder weitergeben, wie dies für das Ergreifen von Folgemaßnahmen erforderlich ist.

    (5) In Bezug auf Informationen, die einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, gelten die Absätze 3 und 4 ab dem Zeitpunkt, zu dem Kenntnis von der Verschwiegenheitspflicht besteht.

    Gesetzesbegründung zu § 6 HinSchG

    Zu Absatz 1
    Die Vorschrift regelt das Verhältnis dieses Gesetzes zum GeschGehG. Sie setzt Artikel 21 Absatz 7 Unterabsatz 2 der HinSch-RL um. Personen, die Geschäftsgeheimnisse in einem beruflichen Kontext erlangt haben, genießen nur dann den Schutz dieses Gesetzes, wenn sie die Voraussetzungen dieses Gesetzes erfüllen und die Weitergabe des Geschäftsgeheimnisses erforderlich war, um einen Verstoß im sachlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes aufzudecken. Eine Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen ist damit erlaubt nach § 3 Absatz 2 GeschGehG. Auf das Motiv der hinweisgebenden Person beziehungsweise des Geschäftsgeheimnisverräters kommt es dabei nicht an.
    Im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen kommt es nicht allein darauf an, ob die Weitergabe überhaupt notwendig ist, sondern auch darauf, in welchem Umfang sie notwendig ist. Die hinweisgebende Person hat damit darauf zu achten, dass nur solche Geheimnisse weitergegeben werden, deren Inhalt für die Aufdeckung des Verstoßes erforderlich ist.
    Die Anforderungen an die Offenlegung nach dem GeschGehG sollen durch diese Bestimmung nicht abgesenkt werden. Vielmehr bleibt § 5 Nummer 2 GeschGehG neben der Neuregelung bestehen: Sein Anwendungsbereich ist einerseits weiter, weil er auch die Offenlegung an alle und unabhängig von den in diesem Gesetz vorgesehenen Meldekanälen umfasst, aber anderseits insofern enger, als er nur eine Erlangung, Nutzung oder Offenlegung vom Verbot der Weitergabe ausnimmt, die geeignet ist das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen.

    Zu Absatz 2
    Mit Absatz 2 wird festgelegt, dass die Meldung oder Offenlegung von Informationen, die vertraglichen Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten unterliegen, durch hinweisgebende Personen nach den gemäß diesem Gesetz vorgesehenen Bestimmungen nicht als unzulässig oder unbefugt gilt. Dies folgt im Umkehrschluss aus den Ausnahmen von diesem Grundsatz, die Artikel 3 Absatz 3 der HinSch-RL in Verbindung mit den Erwägungsgründen 26 und 27 statuiert, und ist damit zwingend für eine Umsetzung der HinSch-RL.
    Anders als für die in § 5 ausdrücklich normierten Ausnahmen gilt damit die Weitergabe von Informationen, die unter sonstige berufliche Verschwiegenheitspflichten fallen, als zulässig. Die Befugnis zur Weitergabe der Informationen wird durch diesen Absatz als allgemeine, abstrakte Regelung festgelegt.
    Dabei gelten aber für den Umfang der Weitergabe von Informationen, die Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten unterliegen, die gleichen Maßstäbe wie für den Umfang der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen nach Absatz 1: Im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Weitergabe von Informationen nach diesem Absatz kommt es nicht allein darauf an, ob die Weitergabe überhaupt notwendig ist, sondern auch darauf, in welchem Umfang die Weitergabe notwendig ist. Die hinweisgebende Person hat darauf zu achten, dass nur solche Geheimnisse weitergegeben werden, deren Inhalt für die Aufdeckung des Verstoßes erforderlich ist.
    Vertragliche Verschwiegenheitspflichten sind beispielsweise bei Rechtsdienstleistern nach § 10 des Rechtsdienstleistungsgesetzes üblich, die in der Regel ihren Mandantinnen und Mandanten Verschwiegenheit zusichern.
    Die von der Vorschrift umfassten gesetzlichen Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten sind abgesehen von den in den in § 5 enthaltenen Ausnahmen umfassend zu verstehen. Zu den hierunter fallenden Verschwiegenheitspflichten zählen unter anderem, aber nicht ausschließlich die jeweils originären und die von ihnen abgeleiteten Pflichten von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten (§ 57 Absatz 1, §§ 62, 62a, 64 Absatz 2, § 74 Absatz 2 des Steuerberatergesetzes – StBerG), Lohnsteuerhilfevereinen (§ 26 Absatz 1 StBG), Wirtschaftsprüfern (§§ 43, 50, 50a, 55, 56 der Wirtschaftsprüferordnung – WPO), Beamtinnen und Beamten (§ 67 BBG) und von Soldatinnen und Soldaten (§ 14 des Soldatengesetzes) sowie gesetzliche Verschwiegenheitspflichten von Vorständen von Berufskammern (vergleiche §§ 76, 184 BRAO, § 83 StBerG, § 69a der Bundesnotarordnung, § 71 der Patentanwaltsordnung, §§ 64, 66b WPO).
    Erfasst sind beispielsweise aber auch die Vorschriften zur Vertraulichkeit im Vergabeverfahren wie § 5 der Vergabeverordnung, § 5 der Sektorenverordnung und § 4 der Konzessionsvergabeverordnung.
    Eine Auflistung der der Geheimhaltung unterliegenden Vorschriften wäre wegen der großen Zahl und der häufigen Gesetzesänderungen nicht zweckmäßig. Dementsprechend wird grundsätzlich ein allgemeiner Bezug zu den Verschwiegenheits- und Geheimhaltungsvorschriften des Bundes gewählt, wie dies bereits in § 6 Absatz 1 Satz 1 des Bundesarchivgesetzes (BArchG) für die Anbietung und Abgabe von Unterlagen, die einer Geheimhaltungs, Vernichtungs- oder Löschungspflicht unterliegen, gehandhabt wurde.
    Als Ausnahme ist § 30 Absatz 2 AO ausdrücklich zu nennen, da die durch § 30 AO verbürgte Geheimhaltung steuerlicher Angaben und Verhältnisse, deren Weitergabe einen Bezug auf den Steuerpflichtigen oder Dritte erkennbar werden lässt, durch eine Reihe grundrechtlicher Verbürgungen geboten ist, insbesondere durch Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 14 GG, gegebenenfalls auch in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 3 GG. Der durch das Steuergeheimnis verbürgte Schutz darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Eine Weitergabe entsprechender Unterlagen an andere Behörden und die damit verbundene Durchbrechung
    des Steuergeheimnisses ist daher – sofern nicht einer der in § 30 Absatz 4 Nummer 1 und 3 bis 5 sowie Absatz 5 AO genannten Rechtfertigungsgründe vorliegt – nur möglich, wenn sie im überwiegenden öffentlichen Interesse erfolgt und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Zwar enthält § 30 Absatz 4 Nummer 2 AO kein Zitiergebot. Die Offenbarungsbefugnis muss sich der betreffenden Norm jedoch eindeutig und zweifelsfrei entnehmen lassen; eine nur durch Auslegung dem Gesetz entnommene Offenbarungsbefugnis genügt nicht. Dieser Absatz entspricht diesen Vorgaben. So ist insbesondere ausdrücklich geregelt, dass Informationen nur nach Maßgabe der in § 33 HinSchG geregelten Voraussetzungen offengelegt werden dürfen.
    Dies betrifft auch die zunächst vorgesehene vorherige externe Meldung (§ 33 Absatz 1 Nummer 1 HinSchG). Zudem dürfen die dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten nicht weitergegeben werden, wenn die Voraussetzungen für den Schutz hinweisgebender Personen (§ 34 Absatz 1 Nummer 2 und 3 HinSchG) nicht erfüllt sind.

    Ebenfalls ausdrücklich zu nennen ist das Sozialgeheimnis nach § 35 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch. Es ist ein dem Steuergeheimnis vergleichbares besonderes Schutzregime im Bereich des Sozialrechts für die beispielsweise durch die Träger der Renten-, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erhobenen Daten (Sozialdaten).

    Zu Absatz 3 und 4
    Die Vorschriften dienen der Umsetzung von Artikel 16 Absatz 4 der HinSch-RL. Informationen, die Geschäftsgeheimnisse beinhalten, dürfen nur im erforderlichen Maß beim Ergreifen von Folgemaßnahmen durch interne und externe Meldestellen verwendet werden. Es ist sachgerecht, diese Einschränkung der Nutzung von Geschäftsgeheimnissen, die die HinSch-RL verbindlich vorgibt, auf die Nutzung sonstiger Geheimnisse auszudehnen. Die Regelung normiert damit eine eigenständige Geheimhaltungspflicht für Personen, die für eine interne oder externe Meldestelle tätig sind. Sie folgt den Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten, die im Grundsatz für die hinweisgebende Person gelten und für die die Absätze 1 und 2 Ausnahmen normieren. Der Umfang der Geheimhaltungspflicht richtet sich daher nach dem Umfang der jeweils zugrundeliegenden Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflicht. Insofern wird auf die Systematik in § 6 Absatz 3 BArchG zurückgegriffen, der den Umgang des Bundesarchivs mit Geheimhaltungspflichten unterliegenden Unterlagen regelt.
    Ein Verstoß gegen die Vorgaben in Absatz 3 wäre für Amtsträger regelmäßig strafbewehrt nach § 203 Absatz 2 Nummer 1 oder § 353b Absatz 1 Nummer 1 StGB.

    Zu Absatz 5
    Informationen, die vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflichten unterliegen, sollen von Meldestellen nach Möglichkeit ebenso geschützt werden wie Informationen, deren Geheimhaltung aus gesetzlichen Vorgaben folgt. Allerdings ist dieser Grundsatz insoweit einzuschränken, als die zuständigen Personen Kenntnis von der Verschwiegenheitsvereinbarung haben müssen.

    § 5 Vorrang von Sicherheitsinteressen sowie Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten

    (1) Eine Meldung oder Offenlegung fällt nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wenn sie folgende Informationen beinhaltet:

    1. Informationen, die die nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates, insbesondere militärische oder sonstige sicherheitsempfindliche Belange des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung oder Kritische Infrastrukturen im Sinne der BSI-Kritisverordnung, betreffen,
    2. Informationen von Nachrichtendiensten des Bundes oder der Länder oder von Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes oder der Länder, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nummer 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes oder im Sinne entsprechender Rechtsvorschriften der Länder wahrnehmen, oder
    3. Informationen, die die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die in den Anwendungsbereich des Artikels 346 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union fallen, betreffen.

    (2) Eine Meldung oder Offenlegung fällt auch nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, wenn ihr entgegenstehen:

    1. eine Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht zum materiellen oder organisatorischen Schutz von Verschlusssachen, es sei denn, es handelt sich um die Meldung eines Verstoßes nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 an eine interne Meldestelle (§ 12), mit den Aufgaben der internen Meldestelle wurde kein Dritter nach § 14 Absatz 1 betraut und die betreffende Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht bezieht sich auf eine Verschlusssache des Bundes nach § 4 Absatz 2 Nummer 4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes oder auf eine entsprechende Verschlusssache nach den Rechtsvorschriften der Länder,
    2. das richterliche Beratungsgeheimnis,
    3. die Pflichten zur Wahrung der Verschwiegenheit durch Rechtsanwälte, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte und Notare,
    4. die Pflichten zur Wahrung der Verschwiegenheit durch Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Angehörige eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, mit Ausnahme von Tierärzten, soweit es um Verstöße gegen von § 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe k erfasste Rechtsvorschriften zum Schutz von gewerblich gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztieren geht, oder
    5. die Pflichten zur Wahrung der Verschwiegenheit durch Personen, die aufgrund eines Vertragsverhältnisses einschließlich der gemeinschaftlichen Berufsausübung, einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an der beruflichen Tätigkeit der in den Nummern 2, 3 und 4 genannten Berufsgeheimnisträger mitwirken.

    Gesetzesbegründung zu § 5 HinSchG

    Zu Absatz 1
    Absatz 1 setzt Artikel 3 Absatz 2 der HinSch-RL um.

    Zu Absatz 1 Nr. 1
    Aus Gründen des Staatswohls ist die Weitergabe schutzbedürftiger Informationen unabhängig von ihrem Geheimhaltungsgrad durch Meldung oder Offenlegung nicht vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes umfasst. Zum Schutz der nationalen Sicherheit und wesentlicher Sicherheitsinteressen ist es gerechtfertigt, entsprechende Informationen unmittelbarer und mittelbarer Art vor einer Weitergabe durch Meldung oder Offenlegung zu schützen. Dazu gehören auch Informationen aus nichtmilitärischen Bereichen der Bundeswehr, die Rückschlüsse auf schutzwürdige sicherheitsrelevante Sachverhalte zulassen. Militärische Angelegenheiten der Bundeswehr erfassen auch Informationen zu Auslandseinsätzen und zur Bündnisverteidigung sowie Informationen, die von und mit verbündeten Streitkräften im Rahmen der tiefen Integration dieser Streitkräfte in die Bundeswehr geteilt werden. Auch Interessen kollektiver Sicherheitssysteme können nationale Sicherheitsinteressen berüh-
    ren.
    Der Begriff der nationalen Sicherheit erfasst zudem Informationen, deren Weitergabe den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder die verfassungsmäßige Ordnung in Ansehung der zentralen Grundprinzipien des freiheitlichen Verfassungsstaats (vergleiche § 92 StGB, § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, BVerfSchG) berühren können.

    Zu Absatz 1 Nr. 2
    Nummer 2 konkretisiert die allgemeine Regelung in Nummer 1 durch eine an § 3 Nummer 8 IFG angelehnte Bereichsausnahme, die unabhängig vom aktuellen Datenbesitz ist, also gleichermaßen für Informationen bei diesen Behörden gilt wie auch für Informationen bei anderen Stellen (etwa der jeweiligen Fachaufsicht), wenn diese Informationen von den in Nummer 2 benannten Behörden stammen. Die Bereichsausnahme schützt generell einen Aufgabenbereich, ohne dass dazu – wie nach Absatz 2 – noch eine nähere Klassifizierung einzelner Informationen nötig wird. Diese Typisierung ist sachgerecht, da die von der Bereichsausnahme erfassten Behörden gerade die Aufgabe haben, die nationale Sicherheit zu gewährleisten. Der Schutz der nationalen Sicherheit und wesentlicher Sicherheitsinteressen erfasst Informationen, deren Weitergabe den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder, die Funktionsfähigkeit ihrer Einrichtungen oder zentrale Grundprinzipien des freiheitlichen Verfassungsstaats berühren (vergleiche § 92 StGB, § 4 Absatz 1 BVerfSchG). Speziell im Bereich der Nachrichtendienste ist der Hinweisgeberschutz aufgabenadäquat bereichsspezifisch insbesondere in § 8 des Kontrollgremiumgesetzes (PKGrG) geregelt und die betreffende Sachklärung auch im Rahmen parlamentarischer Kontrolle speziell mit besonderen Ressourcen organisiert (§ 5a PKGrG). Ein besonderes, zugleich hinweisgebende Personen schützendes Kontrollverfahren ist auf dem Gebiet der Datenschutzvorschriften im Übrigen allgemein mit dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit eingerichtet (vergleiche insbesondere die §§ 8 ff. BDSG, § 28 BVerfSchG).

    Zu Absatz 1 Nr. 3
    Meldungen oder Offenlegungen von Verstößen im Zusammenhang mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, die unter Artikel 346 AEUV fallende Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte beinhalten, fallen nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

    Zu Absatz 2
    Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a, b und c der HinSch-RL.

    Zu Absatz 2 Nr. 1
    Eine Meldung oder Offenlegung von Informationen, die als Verschlusssachen eingestuft sind, fällt nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Die entsprechenden Geheimhaltungsvorschriften gehen dem Recht der hinweisgebenden Person auf eine Meldung vor.
    Die Formulierung zum Schutz von Verschlusssachen greift auf § 3 Nummer 4 IFG zurück.
    Für den Bund ist maßgeblich die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz, die die Einstufung von Verschlusssachen regelt. Die auf Grundlage des § 35 Absatz 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes erlassene Verschlusssachenanweisung regelt die Vorkehrungen zum Schutz von Verschlusssachen und etwa die Anforderungen an die Einstufung einer Verschlusssache. Die Weitergabe einer eingestuften Information an eine Meldestelle sowie deren Offenlegung sind damit ausgeschlossen. Dies gilt grundsätzlich auch für den schwächsten Geheimhaltungsgrad VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH. Die tatsächliche Einstufung als Verschlusssache ist maßgebend. Das alleinige Vorliegen der objektiven Voraussetzungen für die Einstufung reicht nicht aus, um den Anwendungsbereich dieses Gesetzes auszuschließen.
    Die Vorgaben gelten ebenso für die entsprechenden Regelungen beispielsweise der Länder, der Europäischen Union sowie auch der North Atlantic Treaty Organization (Nato) wenn deutsche Dienststellen zu deren Schutz verpflichtet sind, vergleiche § 35 der Verschlusssachenanweisung des Bundes.
    Eine Ausnahme sieht die Vorschrift für als VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestufte Informationen vor, wenn es sich um die Meldung von strafbewehrten Verstößen an eine interne Meldestelle handelt und sich die betreffende Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht zudem auf eine als VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestufte Verschlusssache des Bundes bezieht. Diese Ausnahme gilt nicht, wenn ein Dritter gemäß § 14 Absatz 1 mit den Aufgaben der internen Meldestelle betraut ist. Die Regelungen des Absatzes 1 bleiben hierdurch unberührt. Für Meldungen nach Nummer 1, 2. Halbsatz, die VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestufte Informationen beinhalten, entfällt das Wahlrecht nach § 7 Absatz 1 sowie die Möglichkeit der Offenlegung nach § 32. Die interne Meldestelle führt das Verfahren nach § 17 und ergreift die Folgemaßnahmen nach § 18, wobei eine Abgabe an eine zuständige Behörde, beispielsweise die zuständige Strafverfolgungsbehörde, sich nach den allgemeinen Gesetzen richtet.

    Zu Absatz 2 Nr. 2
    Eine Meldung oder Offenlegung von Informationen, die dem aus der verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit der Richterin und des Richters nach Artikel 97 Absatz 1 GG folgenden richterlichen Beratungsgeheimnis unterliegen, fällt nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Das richterliche Beratungsgeheimnis umfasst auch truppendienstrichterliche Beratungen und die kollegiale Entscheidungsfindung der richterlich unabhängigen Mitglieder der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder.

    Zu Absatz 2 Nr. 3
    Außerdem wird die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwälten, Patentanwälten, Strafverteidigern, Kammerrechtsbeiständen und Notaren und ihren Mandantinnen und Mandanten gewahrt. Vertreterinnen und Vertreter dieser Berufsgruppen dürfen keine Informationen preisgeben, die der jeweiligen Verschwiegenheitspflicht unterliegen.
    Sie unterliegen auch im Anwendungsbereich dieses Gesetzes der beruflichen Verschwiegenheit und können somit auch für die Meldung oder Offenlegung von Rechtsverstößen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, sofern sie ihre Geheimhaltungspflichten dadurch verletzen. Der Begriff der Rechtsanwälte umfasst auch Syndikusrechtsanwälte (§§ 46a bis 46c der Bundesrechtsanwaltsordnung – BRAO) und ausländische Rechtsanwälte (insbesondere solche nach den §§ 206, 207 BRAO und dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland).
    Kammerrechtsbeistände unterliegen nach § 209 Absatz 1 Satz 3 BRAO in Verbindung mit § 43a Absatz 2 BRAO derselben Verschwiegenheitspflicht wie Rechtsanwälte und sind ebenso Mitglied der Rechtsanwaltskammer. Sie sind im Wesentlichen wie ein Anwalt tätig und daher hier gleich zu behandeln.
    Neben Rechtsanwälten und Kammerrechtsbeiständen sind vor allem unter Berücksichtigung der englischen Sprachfassung der HinSch-RL Patentanwälte, Strafverteidiger und Notare mit einzubeziehen. In der englischen Sprachfassung heißt es in den Erwägungsgründen 26 und 27 und Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe b der HinSch-RL „communications between lawyers and their clients“ und „legal professional privilege“. Der Begriff „lawyer“ beschreibt allgemein das Recht praktizierende Berufsträgerinnen und -träger. Mit dem Begriff des „legal professional privilege“ wird die Vertraulichkeitspflicht von Personen, die einen juristischen Beruf ausüben, umschrieben. Mit diesem Begriff vergleichbar sind die Be-
    griffe in der italienischen („segreto professionale forense“), der maltesischen („privileġġ professjonali legal“), der polnischen („prawnicza tajemnica zawodowa“) und der finnischen Sprachfassung („oikeudellinen ammattisalassapitovelvollisuus“). Vom Begriff des Patentanwalts umfasst sind auch ausländische Patentanwälte, insbesondere solche nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Patentanwälte in Deutschland. Der Begriff des Verteidigers in einem gesetzlich geordneten Verfahren umfasst entsprechend § 203 Absatz 1 Nummer 3 StGB neben Verteidigern im Strafverfahren (§§ 138, 139, 142 StPO) auch Verteidiger im Bußgeld-, Disziplinar-, Berufs- und Ehrengerichtsverfahren.
    Vor diesem Hintergrund sind die genannten Geheimnisträger von der Bereichsausnahme des Artikels 3 Absatz 3 Buchstabe b der HinSch-RL umfasst und hier mit aufzunehmen. Bei den vorgenannten Berufsgruppen bleiben also insbesondere die Strafandrohungen des § 203 Absatz 1 und 4 StGB bestehen.

    Zu Absatz 2 Nr. 4
    Nach Nummer 4 wird die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Erbringern von Gesundheitsleistungen und Patientinnen beziehungsweise Patienten einschließlich des Inhalts von Patientenakten gewahrt.
    Für die Berufsgruppen, die unter die ärztliche Verschwiegenheitspflicht fallen, führt Erwägungsgrund 26 der HinSch-RL aus, dass nicht nur Ärzte, sondern auch beispielsweise Therapeuten hierunter fallen. Erfasst werden alle Berufsgruppen, die Gesundheitsleistungen erbringen. Hierzu zählen gleichlaufend mit § 203 Absatz 1 Nummer 1 StGB Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Angehörige anderer Heilberufe, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern. Hierzu zählen beispielsweise Krankenschwestern oder -pfleger, Hebammen, Physiotherapeuten, Masseure und medizinische Bademeister, nicht aber Heilpraktiker oder Zahnlabore und deren Inhaber. Soweit Meldungen etwa über Missstände in der Pflege nicht Teil der Patientenakten oder der Kommunikation zwischen dem Erbringer von Gesundheitsleistungen und Patienten sind, bleibt der Anwendungsbereich dieses Gesetzes eröffnet.
    Auch bei den hier genannten Berufsgruppen bleiben die Strafandrohungen des § 203 Absatz 1 und 4 StGB bestehen.

    Zu Absatz 2 Nr. 5
    Die Geheimhaltungspflichten für Berufsträger nach den Nummern 3 und 4 gelten für die bei Rechtsanwälten, Patentanwälten, Strafverteidigern, Kammerrechtsbeiständen, Notaren und den Erbringern von Gesundheitsleistungen berufsmäßig tätigen Gehilfen und zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen. Hiervon umfasst werden auch von Rechtsanwälten beauftragte Dienstleister (vergleiche § 43e BRAO) und Gesellschafter von Rechtsanwaltsgesellschaften (vergleiche § 59m BRAO).
    Der Berufsgeheimnisträger entscheidet über die Wahrung der Verschwiegenheit, es sei denn, dass diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden kann.

    § 4 Verhältnis zu sonstigen Bestimmungen

    (1) Diesem Gesetz gehen spezifische Regelungen über die Mitteilung von Informationen über Verstöße in den folgenden Vorschriften vor:

    1. § 6 Absatz 5 und § 53 des Geldwäschegesetzes,
    2. § 25a Absatz 1 Satz 6 Nummer 3 des Kreditwesengesetzes und § 13 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes,
    3. § 58 des Wertpapierhandelsgesetzes,
    4. § 23 Absatz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
    5. § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 und § 68 Absatz 4 Satz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
    6. §§ 3b und 5 Absatz 8 des Börsengesetzes,
    7. § 55b Absatz 2 Nummer 7 der Wirtschaftsprüferordnung,
    8. Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1; L 287 vom 21.10.2016, S. 320; L 348 vom 21.12.2016, S. 83), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1783 (ABl. L 359 vom 11.10.2021, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
    9. Artikel 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 376/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Meldung, Analyse und Weiterverfolgung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnungen (EG) Nr. 1321/2007 und (EG) Nr. 1330/2007 der Kommission (ABl. L 122 vom 24.4.2014, S. 18), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2020/2034 (ABl. L 416 vom 11.12.2020, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und der aufgrund des § 32 Absatz 1 Nummer 1 des Luftverkehrsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen,
    10. §§ 127 und 128 des Seearbeitsgesetzes,
    11. § 14 Absatz 1 des Schiffssicherheitsgesetzes in Verbindung mit Abschnitt D Nummer 8 der Anlage zum Schiffssicherheitsgesetz und den aufgrund der §§ 9, 9a und 9c des Seeaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnungen für Beschwerden, die die Sicherheit eines Schiffes unter ausländischer Flagge
      einschließlich der Sicherheit und Gesundheit seiner Besatzung, der Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord und der Verhütung von Verschmutzung durch Schiffe unter ausländischer Flagge betreffen, und
    12. aufgrund des § 57c Satz 1 Nummer 1 und des § 68 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 3 und mit den §§ 65, 66 und 67 Nummer 1 und 8 und den §§ 126, 128 und 129 des Bundesberggesetzes erlassenen Rechtsverordnungen.
      Soweit die spezifischen Regelungen in Satz 1 keine Vorgaben machen, gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.

    (2) Das Verbraucherinformationsgesetz, das Informationsfreiheitsgesetz sowie Regelungen der Länder über den Zugang zu amtlichen Informationen finden keine Anwendung auf die Vorgänge nach diesem Gesetz. Satz 1 gilt nicht für die Regelungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen.

    (3) Die §§ 81h bis 81n des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bleiben unberührt.

    (4) Die Regelungen des Strafprozessrechts werden von den Vorgaben dieses Gesetzes nicht berührt.

    Gesetzesbegründung zu § 4 HinSchG

    Zu Absatz 1
    Die Regelung setzt Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit dem Anhang Teil II der HinSch-RL
    um.
    Die Vorschrift regelt das Verhältnis zu bereits bestehenden gesetzlichen Vorgaben zu sek-
    torspezifischen Meldewegen. Es wird klargestellt, dass gesetzlich bereits bestehende spe-
    zifische Meldewege den Vorgaben dieses Gesetzes vorgehen sollen. Hintergrund dessen
    ist, dass die sektorspezifisch tätigen und etablierten Meldestellen regelmäßig über große
    Expertise und tiefes Fachwissen verfügen. Daher sollen Fälle, deren Bearbeitung dieses
    Fachwissen verlangt, nicht von diesen Stellen zu einer allgemeinen Meldestelle, wie sie mit
    diesem Gesetz eingerichtet wird, verlagert werden.
    Die einzelnen Meldesysteme, auf die verwiesen wird, sehen jeweils ein Meldesystem für
    potentielle oder tatsächliche Verstöße unter Wahrung der Vertraulichkeit der Identität der
    meldenden Person vor. Der Kreis der möglichen Meldenden sowie der Verstöße, deren
    Meldung geschützt ist, sind jeweils auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten. Daraus folgt,
    dass die spezifischen Meldesysteme dem mit diesem Gesetz eingerichteten allgemeinen
    Meldesystem nur insoweit vorgehen, als die potentiell hinweisgebende Person auch nach
    dem spezifischen Meldesystem geschützt ist und der konkret der Meldung zugrundelie-
    gende Verstoß auch in den sachlichen Anwendungsbereich des spezifischen Systems fällt.
    Ist der persönliche oder sachliche Anwendungsbereich des spezifischen Meldesystems
    nicht eröffnet, kann das allgemeine Hinweisgeberschutzsystem greifen.
    Das allgemeine Hinweisgeberschutzsystem kommt außerdem zur Anwendung, soweit die
    spezifischen Regelungen, auf die in Satz 1 verwiesen wird, keine Vorgaben machen. Damit
    wird festgelegt, dass die Bestimmungen des HinSchG auch die sektorspezifischen Rechts-
    akte ergänzen können, sofern deren Vorgaben nur Teilbereiche des Hinweisgeber-
    schutzsystems umfassen. Relevant ist dies insbesondere in den Fällen, in denen die sek-
    torspezifischen Bestimmungen nur ein internes (vergleiche § 23 Absatz 6 des Versiche-
    rungsaufsichtsgesetzes) oder nur ein externes Meldeverfahren (vergleiche § 53 GwG) vor-
    sehen. Sofern die sektorspezifischen Regelungen beispielsweise für ein internes Meldever-
    fahren Vorgaben enthalten, bleibt daneben kein Raum für die Anwendung des HinSchG
    betreffend das interne Meldeverfahren, selbst wenn das HinSchG detailliertere Vorgaben
    macht.
    Die Richtlinie 2009/16/EG sieht in Artikel 18 und Artikel 18a Beschwerdeverfahren vor, die
    alle vorgelegten Informationen oder vorgelegten Berichte einer Person oder Organisation erfassen, die ein berechtigtes Interesse hinsichtlich der Sicherheit des Schiffes einschließ-
    lich der Sicherheit und Gesundheit seiner Besatzung, der Lebens- und Arbeitsbedingungen
    an Bord und der Verhütung von Verschmutzung hat (vgl. Artikel 2 Nummer 14 der Richtli-
    nie). Für derartige Beschwerden, die die vorgenannten Inhalte betreffen, gehen die spezifi-
    schen Regelungen der Richtlinie und der nationalen Umsetzung im Schiffssicherheitsge-
    setz und in aufgrund der §§ 9, 9a und 9c des Seeaufgabengesetzes erlassenen Rechtsver-
    ordnungen den Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes vor.
    Bereits etablierte oder neu entstehende sektorspezifische Meldeverpflichtungen, -wege und
    -verfahren, mit denen Verstöße an bestimmte Stellen gemeldet werden können bezie-
    hungsweise müssen, die aber im Gegensatz zu den in Absatz 1 genannten Regelungen
    keine spezifischen Regelungen zum Hinweisgeberschutz vorsehen, bestehen weiterhin ne-
    ben den Meldewegen des HinSchG. Das allgemeine Hinweisgeberschutzsystem des Hin-
    SchG kommt dann neben diesen in Absatz 1 nicht genannten sektorspezifischen Meldever-
    pflichtungen, -wegen und -verfahren zur Anwendung. Dies betrifft beispielsweise Arti-
    kel 140 der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom

    15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleis-
    tung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tier-
    gesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung
    der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG)
    Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU)
    2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG)
    Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG,
    2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnun-
    gen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Ra-
    tes, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EEG, 96/23/EG,
    96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verord-
    nung über amtliche Kontrollen) (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1); sofern der Anwendungsbe-
    reich des HinSchG eröffnet ist, kann eine Person, die einen Verstoß gegen die Verordnung
    (EU) 2017/625 melden möchte, folglich zwischen einer Meldung nach Artikel 140 der Ver-
    ordnung (EU) 2017/625 und einer Meldung nach den Vorschriften des HinSchG wählen; in
    letzterem Fall finden die Bestimmungen des HinSchG Anwendung.

    Zu Absatz 2
    Das Bedürfnis der hinweisgebenden Person und von Personen, die Gegenstand einer Mel-
    dung sind, nach Schutz vor der Preisgabe ihrer Daten ist höher zu werten als der Anspruch
    auf Zugang zu öffentlichen Informationen, den jedermann nach dem Informationsfreiheits-
    gesetz (IFG) und dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) hat. Daher wird die Anwen-
    dung des IFG und des VIG ausgeschlossen. Die Vorschrift entspricht den Regelungen für
    bereits geltende sektorspezifische Hinweisgeberschutzsysteme, die die Vertraulichkeit der
    Identität der hinweisgebenden Person schützen. Die Anwendung der Regelungen der Län-
    der über den Zugang zu amtlichen Informationen wird entsprechend dem Umgang mit den
    Regelungen auf Bundesebene ebenfalls ausgeschlossen.
    Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für Regelungen des Bundes und der Länder über den
    Zugang zu Umweltinformationen. Dies ist notwendig, da das Umweltinformationsrecht des
    Bundes und der Länder eine 1:1-Umsetzung von europa- und völkerrechtlichen Vorgaben
    darstellt, bei denen es keine Befugnis eines EU-Mitgliedstaats zum vollständigen Aus-
    schluss der Anwendung gibt, ohne gegen dieses höherrangige Recht zu verstoßen. Den-
    noch gewährleistet auch die Anwendung der Regelungen des Bundes und der Länder über
    den Zugang zu Umweltinformationen im Einzelfall einen gleichwertigen Schutz von hinweis-
    gebenden Personen und von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind. Grundsätzlich
    gilt, dass soweit im Einzelfall nach Abwägung Ablehnungsgründe zum Schutz öffentlicher
    oder privater Belange einer Herausgabe entgegenstehen, sich dies nach den §§ 8 und 9
    Umweltinformationsgesetz des Bundes (UIG) sowie den entsprechenden Rechtsvorschrif-
    ten der Länder richtet. Danach gilt beispielsweise: Dem Ablehnungsgrund des Schutzes der personenbezogenen Daten unterfallen unter anderem die Identität der hinweisgeben-
    den Person sowie von Personen, die Gegenstand der Meldung sind. Soweit es um interne
    Mitteilungen privater oder staatlicher informationspflichtiger Stellen geht, wird in aller Regel
    der Ablehnungsgrund der internen Mitteilungen einschlägig sein. Nach der aktuellen Recht-
    sprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts (verglei-
    che Urteil vom 20.01.2021, Rs. C‑619/19, BVerwG 10 C 2.21) umfasst der Begriff der „in-
    ternen Mitteilungen“ alle Informationen, die innerhalb einer informationspflichtigen Stelle im
    Umlauf sind, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht worden sind und die den Bin-
    nenbereich der informationspflichtigen Stelle nicht verlassen haben. Grund hierfür ist das
    geschützte Bedürfnis nach einem geschützten Raum für interne Überlegungen und Debat-
    ten. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts
    kann zudem auch eine bei einer Behörde vorhandene Umweltinformation, die von einer
    externen Quelle bei ihr eingegangen ist, in diesem Sinne „intern“ sein, wenn sie der Öffent-
    lichkeit vor ihrem Eingang bei der Behörde nicht zugänglich gemacht worden ist oder hätte
    zugänglich gemacht werden müssen und wenn sie den Binnenbereich dieser Behörde,
    nachdem sie bei ihr eingegangen ist, nicht verlässt (EuGH, a.a.O. Rn 43, BVerwG, a.a.O.,
    Rn. 19). Zudem haben der EuGH und das BVerwG festgestellt, dass eine starre zeitliche
    Begrenzung der möglichen Ablehnung nicht besteht, maßgeblich bleibt die Würdigung des
    jeweiligen Einzelfalls.

    Zu Absatz 3
    Das BKartA wird im Rahmen seiner Zuständigkeit zu einer externen Meldestelle nach § 22.
    Die Vorschrift stellt klar, dass hiervon die Vorgaben für die Behandlung von Kronzeugen in
    den §§ 81h ff. GWB, nach denen die Kartellbehörde bei Erfüllung der Voraussetzungen für
    die Kronzeugenbehandlung auf Antrag von der Verhängung einer Geldbuße gegenüber ei-
    nem Kartellbeteiligten absehen oder diese ermäßigen kann, unberührt bleiben.

    Zu Absatz 4
    Die Regelung in Absatz 4 hat klarstellenden Charakter. Sie setzt die Vorgaben aus Artikel 3
    Absatz 3 Buchstabe d der HinSch-RL um, der festlegt, dass durch die HinSch-RL nicht die
    Anwendung von nationalem Recht in Bezug auf das Strafverfahren berührt wird. Dies ist
    von Bedeutung, um den Schutz der Integrität von Ermittlungen und Verfahren sowie die
    Verteidigungsrechte der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, sicherzustellen.
    Dies bedeutet insbesondere, dass die Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden
    Person im Rahmen eines Ermittlungs- oder Hauptverfahrens nur nach den Vorgaben der
    Strafprozessordnung (StPO) zugesichert werden kann. Denn als Zeugen sind Hinweisge-
    berinnen und Hinweisgeber wesentliche Beweismittel, deren Angaben zur Ermittlung der
    Wahrheit in der Regel von ausschlaggebender Bedeutung sind.
    Die Möglichkeit zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen ist insbesondere für die
    Verteidigung und aus Gründen der prozessualen Fairness unabdingbar. Auf die Weiter- und
    Bekanntgabe der Identität kann daher nur ausnahmsweise und unter besonderen Umstän-
    den in den gesetzlich normierten Fällen verzichtet werden.

     

    § 3 Begriffsbestimmungen

    (1) Für dieses Gesetz gelten die Begriffsbestimmungen der folgenden Absätze.

    (2) Verstöße sind Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit, die rechtswidrig sind und Vorschriften oder Rechtsgebiete betreffen, die in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 fallen. Hierzu können auch missbräuchliche Handlungen oder Unterlassungen gehören, die dem Ziel oder dem Zweck der Regelungen in den Vorschriften oder Rechtsgebieten zuwiderlaufen, die in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 fallen.

    (3) Informationen über Verstöße sind begründete Verdachtsmomente oder Wissen über tatsächliche oder mögliche Verstöße, die bei dem Beschäftigungsgeber, bei dem die hinweisgebende Person tätig ist oder war, oder bei einer anderen Stelle, mit der die hinweisgebende Person aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit im Kontakt steht oder stand, bereits begangen wurden oder sehr wahrscheinlich erfolgen werden, sowie über Versuche der Verschleierung solcher Verstöße.

    (4) Meldungen sind Mitteilungen von Informationen über Verstöße an interne Meldestellen (§ 12) oder externe Meldestellen (§§ 19 bis 24).

    (5) Offenlegung bezeichnet das Zugänglichmachen von Informationen über Verstöße gegenüber der Öffentlichkeit.

    (6) Repressalien sind Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, die eine Reaktion auf eine Meldung oder eine Offenlegung sind und durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann.

    (7) Folgemaßnahmen sind die von einer internen Meldestelle nach § 18 oder von einer externen Meldestelle nach § 29 ergriffenen Maßnahmen zur Prüfung der Stichhaltigkeit einer Meldung, zum weiteren Vorgehen gegen den gemeldeten Verstoß oder zum Abschluss des Verfahrens.

    (8) Beschäftigte sind

    1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
    2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
    3. Beamtinnen und Beamte,
    4. Richterinnen und Richter mit Ausnahme der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter,
    5. Soldatinnen und Soldaten,
    6. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,
    7. Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch beschäftigt sind.

    (9) Beschäftigungsgeber sind, sofern mindestens eine Person bei ihnen beschäftigt ist,

    1. natürliche Personen sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts,
    2. rechtsfähige Personengesellschaften und
    3. sonstige, nicht in den Nummern 1 und 2 genannte rechtsfähige Personenvereinigungen.

    (10) Private Beschäftigungsgeber sind Beschäftigungsgeber mit Ausnahme juristischer Personen des öffentlichen Rechts und solcher Beschäftigungsgeber, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen.

    Gesetzesbegründung zu § 3 HinSchG

    Zu Absatz 1
    In der Vorschrift werden die wesentlichen Begriffe des Gesetzes definiert.

    Zu Absatz 2
    Dieser Absatz setzt Artikel 5 Nummer 1 der HinSch-RL um.

    Zu Absatz 2 Nr. 1
    Verstöße sind zunächst Handlungen und Unterlassungen im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit, die rechtswidrig sind. Die Eingrenzung stellt klar, dass nur die Meldung oder Offenlegung solcher Verstöße nach diesem Gesetz geschützt ist, die im Zusammenhang mit einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit stehen. Nicht geschützt wird dahingehen die Meldung oder Offenlegung eines rein privaten Fehlverhaltens.
    Dieser Begriff ist enger als in der Rechtfertigung von § 5 Nummer 2 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG), wo auch die Aufdeckung sonstigen Fehlverhaltens die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen rechtfertigt. Die Meldung solchen vor allem „unethischen“ Verhaltens soll hier nicht genügen.

    Zu Absatz 2 Nr. 2
    Ein Verstoß im Sinne dieses Gesetzes liegt auch dann vor, wenn das Verhalten oder Unterlassen missbräuchlich ist und dem Ziel oder dem Zweck der Vorschriften im sachlichen Anwendungsbereich zuwiderläuft. Mit dieser Vorschrift sollen Praktiken erfasst werden, die der Gesetzgeber bei der Regelung der betreffenden Fachmaterie nicht im Blick hatte, die er aber miteinbezogen hätte, wenn er eine Vorstellung von den möglichen Umgehungsversuchen gehabt hätte.
    Mit dieser Regelung werden daher auch missbräuchliche Praktiken im Sinne der EuGH-Rechtsprechung vom Anwendungsbereich umfasst, das heißt solche, die zwar in formaler Hinsicht nicht als rechtswidrig erscheinen, die jedoch mit dem Ziel oder Zweck der einschlägigen Rechtsvorschriften unvereinbar sind. Der vom EuGH entwickelte allgemeine Grundsatz des Verbots missbräuchlicher Praktiken, wie er z. B. im Bereich der Mehrwertsteuer durch die aus dem Halifax-Urteil des EuGH hervorgegangene Rechtsprechung angewandt wird, hat seine Grundlage in der ständigen Rechtsprechung des EuGH, wonach zum einen eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht erlaubt ist und zum anderen die Anwendung des Unionsrechts nicht so weit gehen kann, dass die missbräuchlichen Praktiken von Wirtschaftsteilnehmern gedeckt werden, d. h. diejenigen Umsätze, die nicht im Rahmen normaler Handelsgeschäfte, sondern nur zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (EuGH, Rs. C-255/02, Halifax, Rn. 68, 69 m.w.N.). Die Versagung eines Rechts oder Vorteils wegen missbräuchlicher oder betrügerischer Tätigkeiten ist daher nach der Rechtsprechung des EuGH auch nur die bloße Folge der Feststellung, dass im Fall von Betrug oder Rechtsmissbrauch die objektiven Voraussetzungen für die Erlangung des ersuchten Vorteils in Wirklichkeit nicht erfüllt sind und daher für die Versagung keine spezielle Rechtsgrundlage erforderlich ist (EuGH, Rs. C-251/16, Cussens u.a., Rn. 32). Solch missbräuchliches Verhalten oder Unterlassen ist deshalb nach Erwägungsgrund 42 der HinSch-RL zu erfassen, um eine ernsthafte Schädigung des öffentlichen Interesses wirksam aufdecken und verhindern zu können.

    Zu Absatz 3
    Die Definition von Informationen über Verstöße setzt Artikel 5 Nummer 2 der HinSch-RL um. Die Formulierung ist weit zu verstehen und umfasst neben Verstößen auch begründete Verdachtsmomente und neben tatsächlichen auch potentielle Verstöße, so dass unter die Begrifflichkeit „Information über Verstöße“ auch begründete Verdachtsmomente über einen potentiellen, im Ergebnis sich aber nicht bestätigenden Verstoß fallen. Um Verstöße wirksam zu unterbinden, ist der Schutz auch für solche Personen gerechtfertigt, die zwar keine eindeutigen Beweise beibringen, aber begründete Bedenken oder einen begründeten Verdacht äußern.

    Zu Absatz 4
    Zentrale Voraussetzung für den Schutz hinweisgebender Personen nach diesem Gesetz ist neben dem in der Praxis seltenen Fall einer Offenlegung das Erstatten einer Meldung an eine interne oder externe Meldestelle. Hierfür müssen jeweils die im entsprechenden Abschnitt genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Da das HinSchG an zahlreichen Stellen Voraussetzungen und Folgen von Mitteilungen an interne und externe Meldestellen parallel oder gemeinsam regelt, dient die Definition der Meldung dem einfacheren Verständnis des Gesetzestextes. Der Absatz setzt Artikel 5 Nummer 3 der HinSch-RL um.

    Zu Absatz 5
    Dieser Absatz setzt Artikel 5 Nummer 6 der HinSch-RL um. Unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, Informationen über Verstöße öffentlich zugänglich zu machen, regelt § 32 HinSchG.

    Zu Absatz 6
    Die Vorschrift setzt Artikel 5 Nummer 11 der HinSch-RL um. Unter den Begriff der Repressalie werden alle Handlungen und Unterlassungen in einem beruflichen Zusammenhang gefasst, die eine Reaktion auf eine Meldung oder Offenlegung sind und durch die der hinweisgebenden Person ungerechtfertigte Nachteile entstehen oder entstehen können. Die Definition des Begriffs der Repressalie ist weit gefasst, indem sie
    jede benachteiligende Handlung oder Unterlassung im beruflichen Kontext einschließt. Allerdings sollen umgekehrt Beschäftigungsgeber nicht daran gehindert werden, beschäftigungsbezogene Entscheidungen zu treffen, die nicht auf die Meldung oder Offenlegung zurückzuführen sind.
    Tatbestandsmerkmal einer Repressalie ist die Kausalität zwischen der Meldung oder Offenlegung eines Verstoßes und der Benachteiligung.

    Zu Absatz 7
    Unter den Begriff der Folgemaßnahmen werden alle Tätigkeiten interner und externer Meldestellen zusammengefasst, die infolge einer eingegangenen Meldung ergriffen werden können. Ausgangspunkt ist die Aufzählung denkbarer Folgemaßnahmen in Artikel 5 Nummer 12 der HinSch-RL. Anders als dort fallen unter den Begriff der Folgemaßnahmen im Sinne dieses Absatzes aber nur diejenigen Maßnahmen, die die jeweilige Meldestelle selbst ergreifen kann. Insbesondere Strafverfolgungsmaßnahmen, die der Staatsanwaltschaft vorbehalten sind, sind nicht vom Begriff der Folgemaßnahmen umfasst. Die einzelnen Folgemaßnahmen ergeben sich aus § 18 für die internen Meldestellen und aus § 29 für die externen Meldestellen.

    Zu Absatz 8
    Absatz 8 definiert den Begriff der Beschäftigten. Damit wird der Kreis der Personen festgelegt, die gemäß § 16 Absatz 1 über interne Meldestellen eine Meldung vornehmen können. Des Weiteren werden Beschäftigte bei den Schwellenwerten nach § 12 berücksichtigt. Beschäftigte im Sinne dieser Vorschrift sind neben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch diejenigen, die zu ihrer Berufsbildung beschäftigt sind, Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter, Soldatinnen und Soldaten sowie Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind, zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten. In Heimarbeit Beschäftigte sind Heimarbeiter im Sinne des Heimarbeitsgesetzes. Die Nummer 7 erfasst Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch beschäftigt sind und von den Nummern 1 und 6 nicht erfasst werden.

    Zu Absatz 9
    Damit ein weitgehendes und einheitliches Schutzniveau erreicht wird und Hinweisen weitgehend intern nachgegangen werden kann, wird der Kreis der Beschäftigungsgeber weit gefasst. Neben natürlichen Personen und juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts werden rechtsfähige Personengesellschaften und sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen erfasst.
    Juristische Personen des privaten Rechts sind beispielsweise der eingetragene Verein, die eingetragene Genossenschaft, die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Stiftungen des Privatrechts. Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zählen Gebietskörperschaften, Personalkörperschaften sowie Verbandskörperschaften auf Bundes- und Landesebene. Bei Jobcentern in Form der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch sind Beschäftigungsgeber die jeweiligen Träger. Umfasst werden beispielsweise Anstalten, wie zum Beispiel die Landesrundfunkanstalten, sowie öffentlich-rechtliche Stiftungen, die evangelische und katholische Kirche mit ihren Kirchengemeinden und sonstige gemäß Artikel 140 GG, Artikel 137 Absatz 5 der Weimarer Reichsverfassung als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder nach entsprechenden Bestimmungen des Landesrechts anerkannte oder als Vereine des BGB konstituierte Kirchen und sonstige Religionsgemeinschaften.

    Zu Absatz 10
    Die Vorschrift regelt, wer privater Beschäftigungsgeber ist und damit nach § 14 Absatz 2 unter den dort genannten Voraussetzungen interne Meldestellen gemeinsam betreiben sowie unter die Übergangsregelung des § 42 fallen kann. Die Regelung setzt zudem Artikel 8 Absatz 9 Unterabsatz 1 der HinSch-RL um. Ausnahmen von der privaten Beschäftigungsgebereigenschaft umfassen damit zum einen Beschäftigungsgeber, die im vollständigen Eigentum einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, also beispielsweise solche, in denen die juristische Person des öffentlichen Rechts sämtliche Anteile
    der Gesellschaft hält. Zum anderen fallen darunter Beschäftigungsgeber, die zwar nicht im vollständigen Eigentum einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, in denen diese jedoch die Mehrheit der Anteile hält oder zu einer Minderheitsbeteiligung Umstände hinzutreten, die die Ausübung eines beherrschenden Einflusses zumindest für eine gewisse Dauer ermöglichen (z.B. die Identität der Leitungspersonen; für die Annahme eines beherrschenden Einflusses bzw. einer Einflussmöglichkeit reicht aber beispielsweise eine bloße Präsenzmehrheit auf einer Hauptversammlung aufgrund geringer Teilnahme des Aktionärspublikums nicht aus).
    Gleiches gilt, wenn statt nur einer mehrere juristische Personen des öffentlichen Rechts zusammen das Eigentum haben oder die Kontrolle ausüben können.