§ 40 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer wissentlich entgegen § 32 Absatz 2 eine unrichtige Information offenlegt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer

  1. entgegen § 7 Absatz 2 eine Meldung oder dort genannte Kommunikation behindert,
  2. entgegen § 12 Absatz 1 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass eine interne Meldestelle eingerichtet ist und betrieben wird, oder
  3. entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 34, eine Repressalie ergreift.

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 8 Absatz 1 Satz 1 die Vertraulichkeit nicht wahrt.

(4) Ordnungswidrig handelt, wer eine in Absatz 3 bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(5) Der Versuch einer Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3 geahndet werden.

(6) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3, der Absätze 3 und 5 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nummer 2 mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden. § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3 und der Absätze 3 und 4 anzuwenden.

Gesetzesbegründung zu § 40 HinSchG

Mit dieser Vorschrift werden in Umsetzung von Artikel 23 Absatz 1 und 2 der HinSch-RL neue Bußgeldtatbestände eingeführt. Die HinSch-RL verlangt wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen, die sich sowohl gegen natürliche wie auch gegen juristische Personen richten können. Über die hier anwendbare Zurechnungsnorm des § 30 OWiG kann gegen juristische Personen und diesen gleichgestellte Personenvereinigungen eine Sanktion in Form einer Geldbuße verhängt werden, wenn eine ihrer Leitungspersonen die Ordnungswidrigkeit als sogenannte Anknüpfungs- oder Bezugstat begangen hat und die weiteren Voraussetzung des § 30 OWiG vorliegen. § 130 OWiG gilt ebenfalls und sanktioniert das vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassen der gehörigen Aufsicht durch den Inhaber eines Betriebs oder Unternehmens. Sofern eine betriebsbedingte Zuwiderhandlung gegen die Bußgeldvorschriften dieses Paragrafen eingetreten ist und feststeht, dass eine gehörige Aufsicht dies zumindest wesentlich erschwert hätte, kann hierüber eine Sanktionierung der Inhaberin oder des Inhabers erfolgen.

Zu Absatz 1
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 23 Absatz 2 der HinSch-RL. Die Sanktionierung der Offenlegung wissentlich unrichtiger Informationen über Verstöße ist wichtig, um das ungeprüfte Weitertragen und Veröffentlichen falscher Informationen zu verhindern. Die Rechtsinstrumente des geltenden Rechts wie die allgemeinen Schadensersatzvorschriften und eine mögliche Strafbarkeit (Vortäuschen einer Straftat nach § 145d StGB, falsche Verdächtigung nach § 164 StGB sowie Verleumdung nach § 187 StGB) genügen im Regelfall.- Für die Offenlegung wissentlich falscher Informationen, die für die Betroffenen besonders schwere Folgen haben kann, werden diese aber um einen Bußgeldtatbestand ergänzt, um alle Fälle der Offenlegung wissentlich unrichtiger Informationen über Verstöße im Sinne dieses Gesetzes zu erfassen. Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, gilt § 21 OWiG.

Zu Absatz 2 Nr. 1
Nummer 1 sanktioniert das vorsätzliche Behindern, das heißt sowohl das Verhindern als auch das Einschränken einer Meldung oder der auf eine Meldung folgenden Kommunikation zwischen der hinweisgebenden Person und der Meldestelle. Die Vorschrift setzt Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a und c der HinSch-RL um. Eine Meldung oder die Folgekommunikation können durch verschiedenste Maßnahmen verhindert oder eingeschränkt werden. Im Zusammenspiel mit Absatz 4 wird jedes Verhalten sanktioniert, mit dem versucht wird, einer Meldung oder der Folgekommunikation Grenzen zu setzen, oder mit dem dies gelingt. Umfasst sind damit vor allem einschüchternde Maßnahmen gegenüber der hinweisgebenden Person.

Zu Absatz 2 Nr. 2
Nummer 2 sieht eine Geldbuße für Beschäftigungsgeber vor, die nach § 12 Absatz 1 zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet sind und dieser Pflicht nicht nachkommen. Die Notwendigkeit einer Sanktionierung folgt aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit. Zwar dürfte für die verpflichteten Beschäftigungsgeber bereits die Tatsache, dass etwaigen Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern in jedem Fall der externe Meldeweg offensteht, ein wichtiger Anreiz sein, um interne Meldewege zu schaffen. Denn andernfalls würden potentielle Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber nicht die Möglichkeit haben, Verstöße intern zu melden, und ein Abstellen von Verstöße in einem rein internen Verfahren könnte nicht erfolgen.
Allerdings misst die HinSch-RL der Möglichkeit interner Meldekanäle – auch und gerade im Interesse der hin weisgebenden Person – eine besondere Bedeutung bei. Denn auch für hinweisgebende Person wird in vielen Fällen die Hemmschwelle geringer sein, eine interne Stelle zu kontaktieren, als an eine externe Behörde heranzutreten. Sie „fühlen sich in der Regel wohler, wenn sie Informationen intern melden […]. Empirische Studien belegen, dass Hinweisgeber mehrheitlich zu internen Meldungen innerhalb der Organisation, in der sie arbeiten, neigen. Interne Meldungen [seien] auch der beste Weg, um Informationen an die Personen heranzutragen, die zu einer frühzeitigen und wirksamen Abwendung von Gefahren für das öffentliche Interesse beitragen können.“ (verglei-
che Erwägungsgrund 33 der HinSch-RL). Die Bedeutung interner Meldewege wird zudem in Erwägungsgrund 47 der Richtlinie hervorgehoben: „Damit Verstöße gegen das Unionsrecht wirksam aufgedeckt und unterbunden werden können, müssen die einschlägigen Informationen rasch zu denjenigen gelangen, die der Ursache des Problems am nächsten sind, der Meldung am ehesten nachgehen könnten und über entspreche Befugnisse verfügen, um dem Problem, soweit möglich, abzuhelfen. Aus diesem Grund sollten Hinweisgeber grundsätzlich darin bestärkt werden, zunächst die internen Meldekanäle zu nutzen und ihrem Arbeitgeber Meldung zu erstatten, […].“ Daraus folgt, dass eine effektive Überwachung und Durchsetzung der Pflicht zur Einrichtung dieser internen Meldewege von besonderer Bedeutung für die Verwirklichung der Richtlinienziele ist. Aus diesem Grund ist eine Sanktionierung der Nichteinrichtung ein angemessenes Mittel, um die Richtlinienziele zu erreichen.

Zu Absatz 2 Nr. 3
Nummer 3 setzt Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe b und c der HinSch-RL um. Die Vorschrift dient dem Schutz der hinweisgebenden Person selbst sowie sonstiger Personen, die diese unterstützen. Ordnungswidrig handelt, wer
gegen diese Personen Repressalien entsprechend der Definition in § 3 Absatz 6 ergreift. Repressalien werden als Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit definiert, die durch eine interne oder externe Meldung oder eine Offenlegung ausgelöst werden und durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann. Es genügt daher bereits eine ungerechtfertigt benachteiligende Handlung oder Unterlassung. Nicht erforderlich ist, dass durch diese Handlung oder dieses Unterlassen ein Nachteil tatsächlich eingetreten ist. Die Beweislastregel des § 36 Absatz 2 soll im Rahmen der Sanktionierung wegen der hier geltenden Unschuldsvermutung keine Anwendung finden.

Zu Absatz 3
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe d der HinSch-RL. Das Vertraulichkeitsgebot aus § 8 ist ein zentrales Element des Hinweisgeberschutzes (siehe auch die Erwägungsgründe 60, 82 und Artikel 16 HinSch-RL). Der Schutz ihrer Identität trägt maßgeblich dazu bei, die hinweisgebende Person zu ermutigen, einen Verdacht zu melden, und sie vor Repressalien zu bewahren. Die Einhaltung dieser Vorgabe kann nur durch eine strikte Bußgeldbewehrung adäquat abgesichert werden.
Sanktioniert wird ein Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit der Identität derjenigen Personen, die im Zusammenhang mit einer Meldung an eine interne oder externe Meldestelle stehen. Als Täter kommen also in erster Linie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Meldestellen in Betracht, über die Zurechnungsnorm des § 30 OWiG allerdings auch Beschäftigungsgeber selbst.

Zu Absatz 4
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe d der HinSch-RL und ergänzt den Bußgeldtatbestand in Absatz 3 für Fälle einfach fahrlässiger Begehung. Denn bereits einfach fahrlässige Vertraulichkeitsverstöße können für die davon betroffenen Personen schwerwiegende Konsequenzen haben, die sie in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Existenz bedrohen.

Zu Absatz 5
Auch der Versuch, eine Meldung zu verhindern, wird entsprechend den Vorgaben in Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a der HinSch-RL geahndet. Ebenso wird der Versuch, Repressalien zu ergreifen, geahndet. Denn der Unrechtsgehalt ist nicht dadurch wesentlich geringer, dass es beispielsweise der hinweisgebenden Person gelingen kann, eine Repressalie noch abzuwenden, so dass nur ein Versuch vorliegt.
Grund hierfür ist, dass in Fällen der erfolgreichen Verhinderung einer Meldung in der Regel keine Aufdeckung zu erwarten ist. Vielmehr kann ein entsprechendes Vorgehen zumeist nur geahndet werden, wenn die Maßnahmen zur Verhinderung im Ergebnis keinen Erfolg hatten und der Missstand doch gemeldet wird. Die hinweisgebende Person dürfte in der Regel gemeinsam mit der Meldung auf den Versuch, diese zu verhindern, aufmerksam machen. Mit der Ahndung des Versuchs in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 wird zudem Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a der HinSch-RL umgesetzt.
In Fällen des Absatzes 2 Nummer 3, in denen Repressalien ergriffen werden oder dies versucht wird, wäre es nicht sachgerecht darauf abzustellen, ob im Ergebnis die Repressalie ergriffen wurde. Denn eine Repressalie kann beispielsweise in einer Kündigung oder Abmahnung bestehen. Der Unrechtsgehalt des Versuchs, eine solche Repressalie zu ergreifen, ist gewichtig. Es sollte nicht darauf abgestellt werden, ob die Repressalie tatsächlich Wirkung entfaltet.

Zu Absatz 6
Der Bußgeldrahmen beträgt für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 2 Nummer 1 und 3, Absatz 3 und Absatz 5 bis zu hunderttausend Euro, für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 und Verstöße gegen die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen bis zu zwanzigtausend Euro. Der höhere Rahmen für die Nummern 1 und 3 liegt darin begründet, dass es sich hierbei – bei der Verhinderung von Meldungen sowie beim Ergreifen von Repressalien – unter Umständen um ein organisatorisches Vorgehen seitens des privaten Beschäftigungsgebers gegen hinweisgebende Personen aus den eigenen Reihen handeln kann, das gegebenenfalls entsprechend zu ahnden wäre. Die Wahrung der Vertraulichkeit ist Kernstück des Hinweisgeberschutzes und Grundlage dafür, dass potentiell hinweisgebende Personen den Mut fassen, eine Meldung zu machen. Der Bußgeldrahmen ist zur Ahndung und Abschreckung angemessen.
Der Bußgeldrahmen für Verletzungen des Vertraulichkeitsgebots nach § 8 Absatz 1 Satz 1 muss aufgrund der zentralen Bedeutung dieses Gebots eine wirksame Sanktionierung entsprechender Verstöße ermöglichen. Gleichzeitig darf die Bußgeldandrohung jedoch nicht dazu führen, dass hinweisbearbeitende Personen aus Furcht vor einer Geldbuße wegen Verletzung des Vertraulichkeitsgebots Meldungen nicht mehr konsequent nachgehen. Für Fälle vorsätzlicher Begehung nach Absatz 3 ist daher eine Höchstgeldbuße von einhunderttausend Euro vorgesehen. Für leichtfertiges Handeln beträgt die Höchstgeldbuße aufgrund des § 17 Absatz 2 OWiG nur die Hälfte des für die vorsätzliche Begehung vorgesehenen Höchstbetrages, also fünfzigtausend Euro. Bei (einfach) fahrlässiger Begehung nach Absatz 4 ist der Bußgeldrahmen aus dem genannten Grund auf 10 000 Euro begrenzt.
Satz 2 legt fest, dass § 30 Absatz 2 Satz 3 OWiG auf Fälle nach Absatz 2 Nummer 1 und 3 und Absatz 3 und Absatz 4 anzuwenden ist. Damit wird vorgesehen, dass sich die Höchstgrenze für Geldbußen im Fall einer Ordnungswidrigkeit nach diesen Normen verzehnfachen kann. Dies ist angemessen, da die Schwere der Verfehlung vergleichbar den Fällen einer vorsätzlichen Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG ist, in deren Folge es zu Straftaten kommt und für die eine Verweisung auf § 30 Absatz 2 Satz 3 OWiG ebenfalls vorgesehen ist. Abzustellen ist hierbei insbesondere darauf, dass zu vermeiden ist, dass betroffene Unternehmen eine Geldbuße mangels abschreckender Höhe in Kauf nehmen. Fälle in der Vergangenheit haben gezeigt, dass unter Umständen ein großes Interesse daran bestehen kann, hinweisgebende Personen von einer Meldung oder Offenlegung abzuhalten.
Dies gilt vor allem dann, wenn die Unternehmensleitung oder ganze Bereiche eines Unternehmens in systematische Verstöße verwickelt sind. In diesen Fällen kann die Aufdeckung von Verstößen zu erheblichen Umsatzeinbußen oder auch Schadensersatzforderungen gegen das Unternehmen führen. Seitens der Verantwortlichen kann es folglich zu einem erheblichen Interesse daran kommen, Meldungen zu verhindern, Repressalien zu ergreifen oder Kenntnis von vertraulichen Meldungen zu erlangen. Diese Maßnahmen können unter Umständen sogar ergriffen werden, um zukünftige potentielle hinweisgebende Personen von einer Meldung oder Offenlegung abzuhalten. Vor diesem Hintergrund ist der Verweis auf § 30 Absatz 2 Satz 3 OWiG in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3 angemessen.