§ 42 Übergangsregelung

(1) Abweichend von § 12 Absatz 1 müssen private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten ihre internen Meldestellen erst ab dem 17. Dezember 2023 einrichten. Satz 1 gilt nicht für die in § 12 Absatz 3 genannten Beschäftigungsgeber.

(2) § 40 Absatz 2 Nummer 2 ist erst ab dem 1. Dezember 2023 anzuwenden.

Gesetzesbegründung zu § 42 HinSchG

Die spätere Anwendbarkeit für private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten setzt Artikel 26 Absatz 2 der HinSch-RL um. Damit soll der Privatwirtschaft ausreichend Zeit eingeräumt werden, um funktionierende und den Anforderungen dieses Gesetzes genügende interne Meldestellen einzurichten. Kleinere Unternehmen werden in der Regel zu prüfen haben, ob sie eine eigene oder mit anderen Unternehmen eine gemeinsame interne Meldestelle betreiben. Daher ist es notwendig, dass die kleineren Beschäftigungsgeber nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausreichend Zeit haben, sich mit den notwendigen Schritten und den durch dieses Gesetz gewährten Optionen auseinanderzusetzen.

§ 41 Verordnungsermächtigung

Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium des Innern und für Heimat, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

  1. die nähere Ausgestaltung der Organisation und des Verfahrens der externen Meldestelle des Bundes zu regeln und
  2. eine weitere externe Meldestelle nach § 23 Absatz 1 zu bestimmen.

Gesetzesbegründung zu § 41 HinSchG

Mittels der Verordnungsermächtigung kann das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium des Innern und für Heimat, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz weitere Detailregelungen zur Ausgestaltung und zum Verfahren der externen Meldestelle regeln. Dazu gehört insbesondere die Frage, wann ein Verstoß als „geringfügig“ im Sinne des § 31 Absatz 3 oder als „schwerwiegend“ im Sinne des § 28 Absatz 5 anzusehen ist. Damit steht eine Möglichkeit zur Verfügung, diese Werte und Kriterien gegebenenfalls an die in den Meldestellen gemachten Erfahrungen anzupassen.

§ 40 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer wissentlich entgegen § 32 Absatz 2 eine unrichtige Information offenlegt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer

  1. entgegen § 7 Absatz 2 eine Meldung oder dort genannte Kommunikation behindert,
  2. entgegen § 12 Absatz 1 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass eine interne Meldestelle eingerichtet ist und betrieben wird, oder
  3. entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 34, eine Repressalie ergreift.

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig entgegen § 8 Absatz 1 Satz 1 die Vertraulichkeit nicht wahrt.

(4) Ordnungswidrig handelt, wer eine in Absatz 3 bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(5) Der Versuch einer Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3 geahndet werden.

(6) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3, der Absätze 3 und 5 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nummer 2 mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden. § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3 und der Absätze 3 und 4 anzuwenden.

Gesetzesbegründung zu § 40 HinSchG

Mit dieser Vorschrift werden in Umsetzung von Artikel 23 Absatz 1 und 2 der HinSch-RL neue Bußgeldtatbestände eingeführt. Die HinSch-RL verlangt wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen, die sich sowohl gegen natürliche wie auch gegen juristische Personen richten können. Über die hier anwendbare Zurechnungsnorm des § 30 OWiG kann gegen juristische Personen und diesen gleichgestellte Personenvereinigungen eine Sanktion in Form einer Geldbuße verhängt werden, wenn eine ihrer Leitungspersonen die Ordnungswidrigkeit als sogenannte Anknüpfungs- oder Bezugstat begangen hat und die weiteren Voraussetzung des § 30 OWiG vorliegen. § 130 OWiG gilt ebenfalls und sanktioniert das vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassen der gehörigen Aufsicht durch den Inhaber eines Betriebs oder Unternehmens. Sofern eine betriebsbedingte Zuwiderhandlung gegen die Bußgeldvorschriften dieses Paragrafen eingetreten ist und feststeht, dass eine gehörige Aufsicht dies zumindest wesentlich erschwert hätte, kann hierüber eine Sanktionierung der Inhaberin oder des Inhabers erfolgen.

Zu Absatz 1
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 23 Absatz 2 der HinSch-RL. Die Sanktionierung der Offenlegung wissentlich unrichtiger Informationen über Verstöße ist wichtig, um das ungeprüfte Weitertragen und Veröffentlichen falscher Informationen zu verhindern. Die Rechtsinstrumente des geltenden Rechts wie die allgemeinen Schadensersatzvorschriften und eine mögliche Strafbarkeit (Vortäuschen einer Straftat nach § 145d StGB, falsche Verdächtigung nach § 164 StGB sowie Verleumdung nach § 187 StGB) genügen im Regelfall.- Für die Offenlegung wissentlich falscher Informationen, die für die Betroffenen besonders schwere Folgen haben kann, werden diese aber um einen Bußgeldtatbestand ergänzt, um alle Fälle der Offenlegung wissentlich unrichtiger Informationen über Verstöße im Sinne dieses Gesetzes zu erfassen. Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, gilt § 21 OWiG.

Zu Absatz 2 Nr. 1
Nummer 1 sanktioniert das vorsätzliche Behindern, das heißt sowohl das Verhindern als auch das Einschränken einer Meldung oder der auf eine Meldung folgenden Kommunikation zwischen der hinweisgebenden Person und der Meldestelle. Die Vorschrift setzt Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a und c der HinSch-RL um. Eine Meldung oder die Folgekommunikation können durch verschiedenste Maßnahmen verhindert oder eingeschränkt werden. Im Zusammenspiel mit Absatz 4 wird jedes Verhalten sanktioniert, mit dem versucht wird, einer Meldung oder der Folgekommunikation Grenzen zu setzen, oder mit dem dies gelingt. Umfasst sind damit vor allem einschüchternde Maßnahmen gegenüber der hinweisgebenden Person.

Zu Absatz 2 Nr. 2
Nummer 2 sieht eine Geldbuße für Beschäftigungsgeber vor, die nach § 12 Absatz 1 zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet sind und dieser Pflicht nicht nachkommen. Die Notwendigkeit einer Sanktionierung folgt aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit. Zwar dürfte für die verpflichteten Beschäftigungsgeber bereits die Tatsache, dass etwaigen Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern in jedem Fall der externe Meldeweg offensteht, ein wichtiger Anreiz sein, um interne Meldewege zu schaffen. Denn andernfalls würden potentielle Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber nicht die Möglichkeit haben, Verstöße intern zu melden, und ein Abstellen von Verstöße in einem rein internen Verfahren könnte nicht erfolgen.
Allerdings misst die HinSch-RL der Möglichkeit interner Meldekanäle – auch und gerade im Interesse der hin weisgebenden Person – eine besondere Bedeutung bei. Denn auch für hinweisgebende Person wird in vielen Fällen die Hemmschwelle geringer sein, eine interne Stelle zu kontaktieren, als an eine externe Behörde heranzutreten. Sie „fühlen sich in der Regel wohler, wenn sie Informationen intern melden […]. Empirische Studien belegen, dass Hinweisgeber mehrheitlich zu internen Meldungen innerhalb der Organisation, in der sie arbeiten, neigen. Interne Meldungen [seien] auch der beste Weg, um Informationen an die Personen heranzutragen, die zu einer frühzeitigen und wirksamen Abwendung von Gefahren für das öffentliche Interesse beitragen können.“ (verglei-
che Erwägungsgrund 33 der HinSch-RL). Die Bedeutung interner Meldewege wird zudem in Erwägungsgrund 47 der Richtlinie hervorgehoben: „Damit Verstöße gegen das Unionsrecht wirksam aufgedeckt und unterbunden werden können, müssen die einschlägigen Informationen rasch zu denjenigen gelangen, die der Ursache des Problems am nächsten sind, der Meldung am ehesten nachgehen könnten und über entspreche Befugnisse verfügen, um dem Problem, soweit möglich, abzuhelfen. Aus diesem Grund sollten Hinweisgeber grundsätzlich darin bestärkt werden, zunächst die internen Meldekanäle zu nutzen und ihrem Arbeitgeber Meldung zu erstatten, […].“ Daraus folgt, dass eine effektive Überwachung und Durchsetzung der Pflicht zur Einrichtung dieser internen Meldewege von besonderer Bedeutung für die Verwirklichung der Richtlinienziele ist. Aus diesem Grund ist eine Sanktionierung der Nichteinrichtung ein angemessenes Mittel, um die Richtlinienziele zu erreichen.

Zu Absatz 2 Nr. 3
Nummer 3 setzt Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe b und c der HinSch-RL um. Die Vorschrift dient dem Schutz der hinweisgebenden Person selbst sowie sonstiger Personen, die diese unterstützen. Ordnungswidrig handelt, wer
gegen diese Personen Repressalien entsprechend der Definition in § 3 Absatz 6 ergreift. Repressalien werden als Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit definiert, die durch eine interne oder externe Meldung oder eine Offenlegung ausgelöst werden und durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann. Es genügt daher bereits eine ungerechtfertigt benachteiligende Handlung oder Unterlassung. Nicht erforderlich ist, dass durch diese Handlung oder dieses Unterlassen ein Nachteil tatsächlich eingetreten ist. Die Beweislastregel des § 36 Absatz 2 soll im Rahmen der Sanktionierung wegen der hier geltenden Unschuldsvermutung keine Anwendung finden.

Zu Absatz 3
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe d der HinSch-RL. Das Vertraulichkeitsgebot aus § 8 ist ein zentrales Element des Hinweisgeberschutzes (siehe auch die Erwägungsgründe 60, 82 und Artikel 16 HinSch-RL). Der Schutz ihrer Identität trägt maßgeblich dazu bei, die hinweisgebende Person zu ermutigen, einen Verdacht zu melden, und sie vor Repressalien zu bewahren. Die Einhaltung dieser Vorgabe kann nur durch eine strikte Bußgeldbewehrung adäquat abgesichert werden.
Sanktioniert wird ein Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit der Identität derjenigen Personen, die im Zusammenhang mit einer Meldung an eine interne oder externe Meldestelle stehen. Als Täter kommen also in erster Linie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Meldestellen in Betracht, über die Zurechnungsnorm des § 30 OWiG allerdings auch Beschäftigungsgeber selbst.

Zu Absatz 4
Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe d der HinSch-RL und ergänzt den Bußgeldtatbestand in Absatz 3 für Fälle einfach fahrlässiger Begehung. Denn bereits einfach fahrlässige Vertraulichkeitsverstöße können für die davon betroffenen Personen schwerwiegende Konsequenzen haben, die sie in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Existenz bedrohen.

Zu Absatz 5
Auch der Versuch, eine Meldung zu verhindern, wird entsprechend den Vorgaben in Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a der HinSch-RL geahndet. Ebenso wird der Versuch, Repressalien zu ergreifen, geahndet. Denn der Unrechtsgehalt ist nicht dadurch wesentlich geringer, dass es beispielsweise der hinweisgebenden Person gelingen kann, eine Repressalie noch abzuwenden, so dass nur ein Versuch vorliegt.
Grund hierfür ist, dass in Fällen der erfolgreichen Verhinderung einer Meldung in der Regel keine Aufdeckung zu erwarten ist. Vielmehr kann ein entsprechendes Vorgehen zumeist nur geahndet werden, wenn die Maßnahmen zur Verhinderung im Ergebnis keinen Erfolg hatten und der Missstand doch gemeldet wird. Die hinweisgebende Person dürfte in der Regel gemeinsam mit der Meldung auf den Versuch, diese zu verhindern, aufmerksam machen. Mit der Ahndung des Versuchs in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 wird zudem Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a der HinSch-RL umgesetzt.
In Fällen des Absatzes 2 Nummer 3, in denen Repressalien ergriffen werden oder dies versucht wird, wäre es nicht sachgerecht darauf abzustellen, ob im Ergebnis die Repressalie ergriffen wurde. Denn eine Repressalie kann beispielsweise in einer Kündigung oder Abmahnung bestehen. Der Unrechtsgehalt des Versuchs, eine solche Repressalie zu ergreifen, ist gewichtig. Es sollte nicht darauf abgestellt werden, ob die Repressalie tatsächlich Wirkung entfaltet.

Zu Absatz 6
Der Bußgeldrahmen beträgt für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 2 Nummer 1 und 3, Absatz 3 und Absatz 5 bis zu hunderttausend Euro, für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 und Verstöße gegen die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen bis zu zwanzigtausend Euro. Der höhere Rahmen für die Nummern 1 und 3 liegt darin begründet, dass es sich hierbei – bei der Verhinderung von Meldungen sowie beim Ergreifen von Repressalien – unter Umständen um ein organisatorisches Vorgehen seitens des privaten Beschäftigungsgebers gegen hinweisgebende Personen aus den eigenen Reihen handeln kann, das gegebenenfalls entsprechend zu ahnden wäre. Die Wahrung der Vertraulichkeit ist Kernstück des Hinweisgeberschutzes und Grundlage dafür, dass potentiell hinweisgebende Personen den Mut fassen, eine Meldung zu machen. Der Bußgeldrahmen ist zur Ahndung und Abschreckung angemessen.
Der Bußgeldrahmen für Verletzungen des Vertraulichkeitsgebots nach § 8 Absatz 1 Satz 1 muss aufgrund der zentralen Bedeutung dieses Gebots eine wirksame Sanktionierung entsprechender Verstöße ermöglichen. Gleichzeitig darf die Bußgeldandrohung jedoch nicht dazu führen, dass hinweisbearbeitende Personen aus Furcht vor einer Geldbuße wegen Verletzung des Vertraulichkeitsgebots Meldungen nicht mehr konsequent nachgehen. Für Fälle vorsätzlicher Begehung nach Absatz 3 ist daher eine Höchstgeldbuße von einhunderttausend Euro vorgesehen. Für leichtfertiges Handeln beträgt die Höchstgeldbuße aufgrund des § 17 Absatz 2 OWiG nur die Hälfte des für die vorsätzliche Begehung vorgesehenen Höchstbetrages, also fünfzigtausend Euro. Bei (einfach) fahrlässiger Begehung nach Absatz 4 ist der Bußgeldrahmen aus dem genannten Grund auf 10 000 Euro begrenzt.
Satz 2 legt fest, dass § 30 Absatz 2 Satz 3 OWiG auf Fälle nach Absatz 2 Nummer 1 und 3 und Absatz 3 und Absatz 4 anzuwenden ist. Damit wird vorgesehen, dass sich die Höchstgrenze für Geldbußen im Fall einer Ordnungswidrigkeit nach diesen Normen verzehnfachen kann. Dies ist angemessen, da die Schwere der Verfehlung vergleichbar den Fällen einer vorsätzlichen Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG ist, in deren Folge es zu Straftaten kommt und für die eine Verweisung auf § 30 Absatz 2 Satz 3 OWiG ebenfalls vorgesehen ist. Abzustellen ist hierbei insbesondere darauf, dass zu vermeiden ist, dass betroffene Unternehmen eine Geldbuße mangels abschreckender Höhe in Kauf nehmen. Fälle in der Vergangenheit haben gezeigt, dass unter Umständen ein großes Interesse daran bestehen kann, hinweisgebende Personen von einer Meldung oder Offenlegung abzuhalten.
Dies gilt vor allem dann, wenn die Unternehmensleitung oder ganze Bereiche eines Unternehmens in systematische Verstöße verwickelt sind. In diesen Fällen kann die Aufdeckung von Verstößen zu erheblichen Umsatzeinbußen oder auch Schadensersatzforderungen gegen das Unternehmen führen. Seitens der Verantwortlichen kann es folglich zu einem erheblichen Interesse daran kommen, Meldungen zu verhindern, Repressalien zu ergreifen oder Kenntnis von vertraulichen Meldungen zu erlangen. Diese Maßnahmen können unter Umständen sogar ergriffen werden, um zukünftige potentielle hinweisgebende Personen von einer Meldung oder Offenlegung abzuhalten. Vor diesem Hintergrund ist der Verweis auf § 30 Absatz 2 Satz 3 OWiG in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 1 und 3 angemessen.

§ 39 Verbot abweichender Vereinbarungen

Vereinbarungen, die die nach diesem Gesetz bestehenden Rechte hinweisgebender Personen oder sonst nach diesem Gesetz geschützter Personen einschränken, sind unwirksam.

Gesetzesbegründung zu § 38 HinSchG

Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 24 der HinSch-RL. Die in diesem Gesetz enthaltenen Schutzvorschriften sind zwingend. So kann zum Beispiel weder im Arbeits-, Dienst- oder Werkvertrag noch in kollektiven Vereinbarungen zuungunsten der geschützten Personen davon abgewichen werden. Auch tarifliche und betriebliche Regelungen sind erfasst. Unwirksam sind danach alle Vereinbarungen, die in diesem Gesetz vorgesehene Rechte beschränken oder ausschließen. Dies gilt insbesondere für den freien Zugang zu externen Meldestellen oder die Zulässigkeit einer Offenlegung unter den Voraussetzungen dieses Gesetzes. Auch eine Beschränkung oder ein Ausschluss der gerichtlichen Geltendmachung von Rechten mittels einer Schiedsvereinbarung wird damit ausgeschlossen.

§ 38 Schadensersatz nach einer Falschmeldung

Die hinweisgebende Person ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist.

Gesetzesbegründung zu § 38 HinSchG

Eine falsche Verdächtigung im Rahmen einer Meldung oder Offenlegung kann weitreichende Folgen für die Betroffenen haben. Die Auswirkungen lassen sich unter Umständen nicht mehr gänzlich rückgängig machen. Daher steht den Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz des aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen unrichtigen Meldung oder Offenlegung entstandenen Schadens zu. Die Vorschrift setzt Artikel 23 Absatz 2 Satz 2 der HinSch-RL um. Schadensersatzansprüche, die aus einer einfach fahrlässigen unrichtigen Meldung resultieren, sollen nicht bestehen. Dies wäre mit den Vorgaben der HinSch-RL nicht zu vereinbaren, die gutgläubige hinweisgebende Personen im Grundsatz ausdrücklich schützt (vergleiche Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der HinSch-RL). Es wäre daher verfehlt, überhöhte Anforderungen an hinweisgebende Personen in Bezug auf die Überprüfung der Richtigkeit der Informationen zu stellen.
Unberührt bleiben die auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkten Vorschriften § 75 BBG, § 48 BeamtStG und § 24 SG über die Schadensersatzpflicht der Beamtinnen und Beamten sowie der Soldatinnen und Soldaten gegenüber ihrem Dienstherrn bei Verletzung der ihnen obliegenden Pflichten.

§ 37 Schadensersatz nach Repressalien

(1) Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien ist der Verursacher verpflichtet, der hinweisgebenden Person den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Ein Verstoß gegen das Verbot von Repressalien begründet keinen Anspruch auf Begründung eines
Beschäftigungsverhältnisses, eines Berufsausbildungsverhältnisses oder eines anderen Vertragsverhältnisses oder auf einen beruflichen Aufstieg.

Gesetzesbegründung zu § 37 HinSchG

Zu Absatz 1
Die Vorschrift setzt Artikel 21 Absatz 8 der HinSch-RL um. Die Regelung sieht als zentrale Rechtsfolge einer Verletzung des Repressalienverbotes einen Anspruch der hinweisgebenden Person auf Ersatz des aus einem Verstoß gegen das Verbot entstehenden Schadens vor. Auch zukünftige finanzielle Einbußen werden umfasst (vergleiche Erwägungsgrund 94). Darüber hinaus können nach dem geltenden Recht Ansprüche etwa auf Schmerzensgeld (§ 253 Absatz 2 BGB) oder auf eine Entschädigung in Geld wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestehen.
Verursacher wird bei Benachteiligungen im Beschäftigungsverhältnis oftmals der Beschäftigungsgeber sein. Allerdings schützt das HinSchG auch beispielsweise Selbständige, Organmitglieder und Freiwillige, die ebenfalls einen Schadensersatzanspruch geltend machen können. Auch über § 34 werden weitere Personen geschützt und können damit gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Um die Schadensersatzansprüche dieser Personengruppen miteinzubeziehen, stellt die Regelung auf den Verursacher ab.
Richtet sich der Schadensersatzanspruch gegen eine Person, die in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat, so tritt gemäß Artikel 34 GG eine Haftung des Staates (in der Regel der Anstellungskörperschaft) an die Stelle der Haftung des Amtsträgers.

Zu Absatz 2
Mit Absatz 2 wird klargestellt, dass diese Vorschrift keinen Rechtsanspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder anderen Vertragsverhältnisses gewährt. Besteht ein solcher Anspruch aus einem anderen Rechtsgrund (zum Beispiel aufgrund einer vertraglichen oder tariflichen Regelung), bleibt dieser unberührt.

§ 36 Verbot von Repressalien; Beweislastumkehr

(1) Gegen hinweisgebende Personen gerichtete Repressalien sind verboten. Das gilt auch für die Androhung und den Versuch, Repressalien auszuüben.

(2) Erleidet eine hinweisgebende Person eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit und macht sie geltend, diese Benachteiligung infolge einer Meldung oder Offenlegung nach diesem Gesetz erlitten zu haben, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie für diese Meldung oder Offenlegung ist. In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte.

Gesetzesbegründung zu § 36 HinSchG

Zu Absatz 1
Absatz 1 bestimmt, dass Repressalien gegen hinweisgebende Personen sowie die Androhung von Repressalien und auch der Versuch einer Repressalie verboten sind. Damit wird Artikel 19 der HinSch-RL umgesetzt. Absatz 1 schützt hinweisgebende Personen vor Benachteiligungen, die Folge einer Meldung oder Offenlegung sind (Re-
pressalien). Solche ungerechtfertigten benachteiligenden Handlungen oder Unterlassungen können beispielsweise die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, die vorzeitige Beendigung eines Werk- oder freien Dienstvertrags, die Verweigerung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, eine Abmahnung im Arbeitsverhältnis, Disziplinarmaßnahmen, eine Schädigung (einschließlich Rufschädigung) oder das Herbeiführen finanzieller Verluste sein.
Die HinSch-RL sieht in Artikel 19 in einer nicht abschließenden Aufzählung die Untersagung folgender Repressalien vor: Suspendierung, Kündigung oder vergleichbare Maßnahmen; Herabstufung oder Versagung einer Beförderung; Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Gehaltsminderung, Änderung der Arbeitszeit; Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen; negative Leistungsbeurteilung oder Ausstellung eines schlechten Arbeitszeugnisses; Disziplinarmaßnahme, Rüge oder sonstige Sanktion einschließlich finanzieller Sanktionen; Nötigung, Einschüchterung, Mobbing oder Ausgrenzung; Diskriminierung, benachteiligende oder ungleiche Behandlung; Nichtumwandlung eines befristeten Arbeitsvertrags in einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Fällen, in denen der Arbeitnehmer zu Recht erwarten durfte, einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten zu bekommen; Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags; Schädigung (einschließlich Rufschädigung), insbesondere in den sozialen Medien, oder Herbeiführung finanzieller Verluste (einschließlich Auftrags- oder Einnahmeverluste); Erfassung der hinweisgebenden Person auf einer „schwarzen Liste“ auf Basis einer informellen oder formellen sektor- oder branchenspezifischen Vereinbarung mit der Folge, dass die hinweisgebende Person sektor- oder branchenweit keine Beschäftigung mehr findet; vorzeitige Kündigung oder Aufhebung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen; Entzug einer Lizenz oder einer Genehmigung; psychiatrische oder ärztliche Überweisungen. Eine Repressalie kann gegebenenfalls auch im missbräuchlichen Anstrengen von Gerichtsverfahren liegen. (Die deutsche Richtlinienfassung spricht von „mutwilligen Gerichtsverfahren“, die englische Fassung von „vexatious proceedings“.) Dies kommt namentlich für solche Klagen in Betracht, die nicht der Geltendmachung eigener Rechte, sondern allein dem Ziel dienen, hinweisgebende Personen abzustrafen oder zukünftige Meldungen oder Offenlegungen der hinweisgebenden Person oder anderer in einer Weise zu verhindern, bei der sich der Kläger schon nach geltendem Recht schadensersatzpflichtig machen (§ 826 BGB) oder sogar einer Strafverfolgung nach § 240 StGB aussetzen würde.
Rechtsgeschäfte, die gegen das Repressalienverbot verstoßen, sind nach § 134 BGB nichtig. Repressalien sind unabhängig davon verboten, ob diese von einer Arbeitgeberin oder einem Arbeitgeber, einer Dienstberechtigten oder einem Dienstberechtigten, einer Auftraggeberin oder einem Auftraggeber oder einer sonstigen Organisation, mit der die hinweisgebende Person in beruflichem Kontakt steht, vorgenommen werden, oder von solchen Personen, die für diese arbeiten oder in ihrem Namen handeln. Eine Repressalie liegt nicht vor, wenn der Nachteil, der der hinweisgebenden Person entsteht oder entstehen kann, nicht ungerechtfertigt ist.

Zu Absatz 2
Absatz 2 setzt Artikel 21 Absatz 5 der HinSch-RL um. Die Vorschrift regelt die Grundsätze der Beweislast im Fall einer Benachteiligung. Grundgedanke des deutschen Zivilprozessrechts ist, dass die Partei, die einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen im Prozess vortragen und auch beweisen muss. Die Beweislast kann hiervon abweichend gesetzlich auch danach bestimmt werden, ob bestimmte Ereignisse in die Sphäre von einer Partei fallen. Artikel 21 Absatz 5 der HinSch-RL sieht eine Beweislastumkehr in Verfahren vor Gerichten oder Behörden vor, die sich auf eine von der hinweisgebenden Person erlittene Benachteiligung beziehen und in denen die hinweisgebende Person geltend macht, diese Benachteiligung infolge ihrer Meldung oder Offenlegung erlitten zu haben. In solchen Fällen wird vermutet, dass die Benachteiligung eine Repressalie für die Meldung oder Offenlegung war, und es obliegt der Person, die die benachteiligende Maßnahme ergriffen hat, bei Benachteiligungen im Beschäftigungsverhältnis also in der Regel dem Beschäftigungsgeber, zu beweisen, dass diese Maßnahme auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte. Nach der Regelung muss eine Person zunächst darlegen und beweisen, dass sie nach der Meldung oder Offenlegung eines Verstoßes nach diesem Gesetz eine Benachteiligung erlitten hat. Die Umkehr der Beweislast gilt so dann für beide Tatbestandsmerkmale der Repressalie nach § 3 Absatz 6: Hierzu gehört zum einen die kausale Verknüpfung mit der Meldung oder Offenlegung und zum anderen die ungerechtfertigte Benachteiligung.
Damit hinweisgebende Personen nicht von vornherein von einer Meldung oder Offenlegung eines Verstoßes durch die schwierige Beweisführung in einem Prozess abgeschreckt werden, erleichtert es ihnen diese Regelung, ihre Rechte geltend zu machen. Erleidet jemand eine Benachteiligung, ist es oft nicht möglich, den kausalen Zusammenhang zwischen Meldung oder Offenlegung und Benachteiligung nachzuweisen. Auf der anderen Seite stehen derjenigen Person, die eine benachteiligende Maßnahme ergriffen hat, alle Unterlagen und Informationen zur Verfügung, die als Grundlage für die Maßnahme dienten. Daher ist es sach- und interessengerecht, dieser Person die Beweislast aufzuerlegen, dass die benachteiligende Maßnahme auf hinreichend gerechtfertigten anderen Gründen basierte. Die Vermutung kann also nicht widerlegt werden, wenn die Meldung oder Offenlegung den tragenden Beweggrund für das Ergreifen der benachteiligenden Maßnahme darstellt. Die Vermutung kann widerlegt werden, wenn die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte. Ein hinreichend gerechtfertigter Grund kann beispielsweise vorliegen, wenn die benachteiligende Maßnahme in erster Linie aus anderen, objektiv nachvollziehbaren Gründen als der durch das Gesetz erlaubten Meldung oder der durch das Gesetz erlaubten Offenlegung erfolgt, also zum Beispiel aus betriebsbedingten Gründen oder wenn ein vertraglich oder strafrechtlich relevantes Fehlverhalten der hinweisgebenden Person tragender Beweggrund für die benachteiligende Maßnahme war. So könnte die Vermutung beispielsweise auch widerlegt werden, wenn die benachteiligende Maßnahme erfolgte, weil die hinweisgebende Person selbst an einem gemeldeten Verstoß, etwa an einem Korruptionssachverhalt, beteiligt war. Liegen zwar keine hinreichend gerechtfertigten Gründe vor, kann die Person, die die benachteiligende Maßnahme ergriffen hat, aber darlegen und beweisen, dass die Meldung beziehungsweise die Offenlegung nicht kausal für das Ergreifen der Maßnahme war, handelt es sich ebenfalls nicht um eine Repressalie.
Im Rahmen der Beweiswürdigung kann das Gericht auch Umstände wie eine Geringfügigkeit der gemeldeten Verstöße, den erfolgreichen Abschluss des Verfahrens (etwa durch Abhilfe der gemeldeten Missstände) oder die Tatsache, dass die Person, die die benachteiligende Maßnahme ergriffen hat, keine Kenntnis von der Meldung hatte, berücksichtigen. Bei der Frage der Kausalität dürfte auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der Meldung oder Offenlegung eines Verstoßes und der Benachteiligung zu berücksichtigen sein. Absatz 2 soll in Bußgeldverfahren mit Rücksicht auf die dort geltende Unschuldsvermutung keine Anwendung finden.

§ 35 Ausschluss der Verantwortlichkeit

(1) Eine hinweisgebende Person kann nicht für die Beschaffung von oder den Zugriff auf Informationen, die sie gemeldet oder offengelegt hat, rechtlich verantwortlich gemacht werden, sofern die Beschaffung nicht als solche oder der Zugriff nicht als solcher eine eigenständige Straftat darstellt.

(2) Eine hinweisgebende Person verletzt keine Offenlegungsbeschränkungen und kann nicht für die bei einer Meldung oder Offenlegung erfolgte Weitergabe von Informationen rechtlich verantwortlich gemacht werden, sofern sie hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Weitergabe der Informationen erforderlich war, um einen Verstoß aufzudecken.

Gesetzesbegründung zu § 25 HinSchG

Zu Absatz 1
Die Vorschrift setzt Artikel 21 Absatz 3 der HinSch-RL um. Geregelt wird der Ausschluss der Verantwortlichkeit hinweisgebender Personen für die Informationsbeschaffung (in Abgrenzung zu Absatz 2, der auf das Verwenden der Information abstellt). Die strafrechtliche Verantwortlichkeit bleibt hiervon ausdrücklich ausgenommen. Mit der Regelung soll potentiell hinweisgebenden Personen die Sorge genommen werden, dass sie durch die Weitergabe relevanter Informationen selbst zur Verantwortung gezogen werden, weil sie diese nicht rechtmäßig erlangt haben könnten. Vor allem eine Haftung aus vertraglichen Bestimmungen, nach denen die betreffenden Dokumente Eigentum der betroffenen Organisation sind oder Zugriffsrechte auf Daten eingeschränkt werden, wird hierdurch ausgeschlossen. Erwägungsgrund 92 nennt als Beispiele, dass hinweisgebende Personen auf E-Mails eines anderen Beschäftigten oder auf Dateien, die sie normalerweise nicht nutzen, zugegriffen oder Räumlichkeiten fotografiert oder betreten haben, zu denen sie normalerweise keinen Zugang haben.
Gleichzeitig verhindert die Vorschrift ein bewusstes Auskundschaften auf der Suche nach Meldungen, indem der Ausschluss der Verantwortlichkeit dann nicht greift, wenn die Beschaffung als solche oder der Zugriff als solcher eine Straftat darstellt. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit bleibt von Absatz 1 ausdrücklich ausgenommen. Wenn hinweisgebende Personen eine Straftat wie beispielsweise einen Hausfriedensbruch nach § 123 StGB, das Ausspähen von Daten nach § 202a StGB, das Abfangen von Daten nach § 202b StGB oder eine – bei hinweisgebenden Personen regelmäßig allerdings nicht einschlägige (vgl. BT-Drs. 19/11505, S. 11) – Datenhehlerei nach § 202d StGB begehen, bleibt ihre Strafbarkeit von einer mit den erlangten Informationen erfolgten Meldung oder Offenlegung ebenso unberührt wie eine etwaige zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit.

Zu Absatz 2
Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 21 Absatz 2 und Absatz 7 der HinSch-RL. Sie betrifft den umfassenden Ausschluss der Verantwortlichkeit einer hinweisgebenden Person für die Weitergabe der Information im Rahmen einer Meldung oder Offenlegung. Die Vorschrift ergänzt § 6 Absatz 1 und 2. In den meisten Fällen scheidet eine Verantwortlichkeit der hinweisgebenden Person für die Weitergabe von Informationen bereits aufgrund von § 6 Absatz 1 und 2 aus. Darüber hinaus soll mit der Regelung in Absatz 2 sichergestellt werden, dass sich die hinweisgebende Person auch in solchen Fällen keiner Verantwortlichkeit ausgesetzt sieht, die nicht unter § 6 Absatz 1 und 2 fallen, sofern die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Folglich scheidet auch jegliche Verantwortlichkeit der hinweisgebenden Person für daraus entstandene Schäden grundsätzlich aus. Anders als nach Absatz 1 ist auch die strafrechtliche Verantwortlichkeit in Bezug auf die Meldung oder Offenlegung nach Absatz 2 ausgeschlossen.
Die HinSch-RL stellt in Erwägungsgrund 97 klar, dass auch außerhalb des beruflichen Kontextes ergriffene Maßnahmen, wie z. B. Gerichtsverfahren wegen vermeintlicher Verleumdung oder vermeintlicher Verstöße gegen das Urheberrecht, das Geschäftsgeheimnis, die Vertraulichkeit oder den Schutz personenbezogener Daten, große abschreckende Wirkung auf hinweisgebende Personen haben können. In solchen Verfahren sollten sich hinweisgebende Personen zu ihrer Verteidigung darauf berufen können, die Meldung von Verstößen oder die Offenlegung im Einklang mit der Richtlinie vorgenommen zu haben, sofern die gemeldeten oder offengelegten Informationen notwendig waren, um den Verstoß aufzudecken. Nach Absatz 2 können hinweisgebende Personen daher in keiner Weise rechtlich verantwortlich gemacht werden für Meldungen oder Offenlegungen, die im Einklang mit dem HinSchG erfolgt sind.
Allerdings ist dabei erforderlich, dass die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Meldung oder die Offenlegung erforderlich war, um den Verstoß aufzudecken. In Erwägungsgrund 91 und 97 der HinSch-RL wird klargestellt, dass der Schutz sich nicht auf überflüssige Informationen erstreckt. Um einer Verantwortlichkeit zu entgehen, wird eine hinweisgebende Person daher zu prüfen haben, ob die Weitergabe der Informationen für die von ihr gemachte Meldung notwendig ist. Dazu, welche Anforderungen an den hinreichenden Grund zu der Annahme, dass die Meldung oder Offenlegung erforderlich war, zu stellen sind, wird auf die Ausführungen in der Begründung zu § 33 Absatz 1 Nummer 2 verwiesen.

§ 34 Weitere geschützte Personen

(1) Die §§ 35 bis 37 gelten entsprechend für natürliche Personen, die die hinweisgebende Person bei einer internen oder externen Meldung oder einer Offenlegung im beruflichen Zusammenhang vertraulich unterstützen, sofern die gemeldeten oder offengelegten Informationen

  1. zutreffend sind oder die unterstützende Person zum Zeitpunkt der Unterstützung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die von der hinweisgebenden Person gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprachen, und
  2. Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, oder die unterstützende Person zum Zeitpunkt der Unterstützung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei.

(2) Sofern die Voraussetzungen des § 33 erfüllt sind, gelten die §§ 35 bis 37 entsprechend für

  1. Dritte, die mit der hinweisgebenden Person in Verbindung stehen und in einem beruflichen Zusammenhang Repressalien erlitten haben, es sei denn, diese beruhen nicht auf der Meldung oder Offenlegung durch die hinweisgebende Person, und
  2. juristische Personen, rechtsfähige Personengesellschaften und sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen, die mit der hinweisgebenden Person infolge einer Beteiligung rechtlich verbunden sind oder für die die hinweisgebende Person tätig ist oder mit denen sie in einem beruflichen Kontext anderweitig in Verbindung steht.

Gesetzesbegründung zu § 34 HinSchG

Über hinweisgebende Personen hinaus schützt die HinSch-RL gemäß Artikel 4 Absatz 4 auch Personen vor Nachteilen, die mit der hinweisgebenden Person im Rahmen der Meldung oder ihrer beruflichen Tätigkeit in Verbindung stehen. Für sie gelten die §§ 35, 36 und 37 entsprechend.

Zu Absatz 1
Die Vorschrift setzt Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 5 Nummer 8 der HinSch-RL um. Geschützt werden natürliche Personen, die hinweisgebende Personen bei einer Meldung oder Offenlegung unterstützen und deren Unterstützung vertraulich sein soll. Ziel der Regelung ist es, dass Personen, die hinweisgebende Personen in der schwierigen Situation einer Meldung oder Offenlegung unterstützen könnten, nicht aus Angst vor Repressalien vor dieser Unterstützung zurückschrecken. Dabei muss die Unterstützung in einem beruflichen Zusammenhang erfolgen. Beispielsweise die bloße seelische Bekräftigung durch Familienmitglieder im Privaten würde dem nicht genügen. Für die unterstützenden Personen kann es dabei nicht darauf ankommen, ob die hinweisgebende Person zumindest hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprachen und dass der gemeldete oder offengelegte Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt. Denn Schutz soll auch den Unterstützern zukommen, die selbst in gutem Glauben eine bösgläubige hinweisgebende Person unterstützt haben. Daher kommt es in diesem Fall darauf an, dass die materiellen Voraussetzungen wie sie im Fall des § 33 Absatz 1 Nummer 2 und 3 für die hinweisgebende Person gelten, zum Zeitpunkt der Unterstützung bei derjenigen Person vorliegen, die die Unterstützung gewährt. Dabei ist zu substantiierten Behauptungen der unterstützenden Person über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Nummer 1 und 2 der Regelung gezielt Stellung zu nehmen (§ 138 Absatz 2 ZPO). Pauschales Bestreiten genügt nicht, sondern hat die Geständnisfiktion des § 138 Absatz 3 ZPO zur Folge.

Zu Absatz 2 Nr. 1
Es ist notwendig, den Schutz außerdem auch auf Dritte, die mit der hinweisgebenden Person in Verbindung stehen und in einem beruflichen Zusammenhang Repressalien erlitten haben, auszudehnen. Da das Erleiden von Repressalien eine Tatbestandsvoraussetzung darstellt, trägt die dritte Person die Darlegungs- und Beweislast hierfür. Dritte im Sinne der Vorschrift sind natürliche Personen wie Kollegen, Freunde oder Familienmitglieder. Der berufliche Zusammenhang bei der erlittenen Repressalie kann sich beispielsweise über die gemeinsame Arbeitsstelle, aber auch aus sonstigen beruflichen Kontakten ergeben. Ein umfassendes Verbot von Repressalien ist auch hier – neben dem Schutz der Interessen der betroffenen Dritten – notwendig, um hinweisgebende Personen nicht aus Angst um Nachteile für nahestehende Dritte von einer Meldung oder Offenlegung abzuhalten. Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b der HinSch-RL.

Zu Absatz 2 Nr. 2
Mit Nummer 2, die Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe c der HinSch-RL umsetzt, wird insbesondere das Verhältnis zwischen (Groß-)Unternehmen und beispielsweise Zulieferunternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geregelt. Denn in der Praxis spielen Fälle, in denen hinweisgebende Personen solche aus anderen Unternehmen sind, die mit dem betroffenen Unternehmen zusammenarbeiten, eine wichtige Rolle. In solchen und weiteren Konstellationen sind auch die jeweiligen Unternehmen vor Repressalien zu schützen.
Von der Regelung erfasst werden auch indirekte Repressalien wie die Verweigerung von Dienstleistungen, die Erfassung auf „schwarzen Listen“ oder ein Geschäftsboykott gegen ein Unternehmen, das im Eigentum des Hinweisgebers steht, für das er arbeitet oder mit dem er in einem beruflichen Kontext anderweitig in Verbindung steht. Der Schutz kann allerdings nur greifen, sofern eine vergleichbare Gefährdungslage besteht. Von einer vergleichbaren Gefährdungslage ist im unternehmerischen Verkehr zwischen zwei Unternehmen in der Regel nicht auszugehen. Die entsprechende Anwendung der Schutzvorschriften lässt die zivilrechtlichen Handlungsmöglichkeiten zwischen Unternehmen unberührt.
Über den Wortlaut der HinSch-RL hinaus ist der Schutz nicht nur auf juristische Personen, sondern auch auf sonstige Organisationsformen des privaten Rechts ausgerichtet, um Wertungswidersprüche, denen kein sachlicher Grund zugrunde läge, zu vermeiden.

§ 33 Voraussetzungen für den Schutz hinweisgebender Personen

(1) Die §§ 35 bis 37 sind auf hinweisgebende Personen anwendbar, sofern

  1. diese intern gemäß § 17 oder extern gemäß § 28 Meldung erstattet haben oder eine Offenlegung gemäß § 32 vorgenommen haben,
  2. die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die von ihr gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprechen, und
  3. die Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei.

(2) Die §§ 35 bis 37 sind unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch anwendbar auf Personen, die zuständigen Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Europäischen Union in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallende Verstöße gegen das Unionsrecht melden.

Gesetzesbegründung zu § 33 HinSchG

Zu Absatz 1
Die Vorschrift setzt Artikel 6 Absatz 1 und 3 der HinSch-RL um. Geregelt werden die Anforderungen an die Meldung oder Offenlegung durch eine hinweisgebende Person, damit sie entsprechend den folgenden Paragrafen vor Repressalien infolge der Meldung oder Offenlegung geschützt ist. Unter diesen Voraussetzungen sind auch hinweisgebende Personen geschützt, deren Identität nach einer anonymen Meldung oder Offenlegung bekannt geworden ist.

Zu Absatz 1 Nr. 1
Hinweisgebende Personen werden nur dann geschützt, wenn sie entsprechend den Vorgaben dieses Gesetzes in den vorangegangenen Abschnitten intern oder extern Meldung erstattet oder einen Verstoß offengelegt haben. Hierdurch werden konkrete Anforderungen an die hinweisgebende Person gestellt in Bezug darauf, wie sie mit der ihr bekannt gewordenen Information über einen Verstoß umgeht. Nur wenn sie sich beim Umgang mit dieser Information innerhalb des dadurch gesteckten Rahmens bewegt, wird die Person geschützt. Nicht geschützt werden sollen hinweisgebende Personen, die Informationen melden, deren Inhalt bereits in vollem Umfang öffentlich verfügbar ist, vergleiche Erwägungsgrund 43 der HinSch-RL. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b der HinSch-RL.

Zu Absatz 1 Nr. 2
Neben den Voraussetzungen in Nummer 1 kommt es darauf an, dass die hinweisgebende Person zumindest hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprachen. Mit der Vorschrift wird Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a Alternative 1 der HinSch-RL umgesetzt. Es soll auch die hinweisgebende Person geschützt werden, der bei der Bewertung des Sachverhalts Fehler unterlaufen sind und die in gutem Glauben ungenaue oder unzutreffende Informationen gemeldet hat. Nicht geschützt werden dahingegen Personen, die missbräuchlich oder böswillig unrichtige Informationen melden.
Maßgeblich ist, wie dies auch in Erwägungsgrund 32 der HinSch-RL ausgeführt wird, eine Ex-ante-Sicht. In objektiver Hinsicht verlangt ein hinreichender Grund zur Annahme eines Verstoßes, dass tatsächliche Anknüpfungspunkte für diesen vorliegen. Nicht erfasst sind damit Spekulationen. In Umsetzung der HinSch-RL sind an die Sorgfalt der hinweisgebenden Person in Bezug auf die Überprüfung des Wahrheitsgehalts einer Meldung keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Allerdings darf die Meldung oder Offenlegung nicht leichtfertig ohne ein Bemühen um Verifizierung erfolgen, sofern dieses Bemühen zumutbar ist. Das Bemühen um Verifizierung ist nicht zumutbar, wenn die hinweisgebende Person fürchtet, dadurch entdeckt zu werden und sich somit bereits vor einer Meldung oder Offenlegung der Gefahr drohender Repressalien auszusetzen. Abzustellen ist darauf, ob ein objektiver Dritter von der Wahrheit der Information ausgegangen wäre. Die subjektiven Beweggründe der hinweisgebenden Person für die Meldung spielen keine Rolle.

Zu Absatz 1 Nr. 3
Mit der Vorschrift wird Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a Alternative 2 der HinSch-RL umgesetzt. Die Informationen müssen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, oder die hinweisgebende Person musste zumindest hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass dies der Fall ist. Im Hinblick darauf, ob ein hinreichender Grund zu der Annahme bestand, dass der Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt, sind tätigkeitsspezifisches Wissen und Verständnis zu berücksichtigen, während darüber hinaus auf das Verständnis eines juristischen Laien abzustellen ist. In Bezug auf die Sorgfaltsanforderungen gelten darüber hinaus die Erläuterungen zu Nummer 2. Auch hier gilt, dass die subjektiven Beweggründe keine Rolle spielen.

Zu Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 6 Absatz 4 der HinSch-RL um. Geschützt werden Personen, die in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallende Verstöße über die unionsrechtlich vorgesehenen Meldeverfahren an die Europäische Kommission, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA), die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) melden.