§ 12 Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen

(1) Beschäftigungsgeber haben dafür zu sorgen, dass bei ihnen mindestens eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet ist und betrieben wird, an die sich Beschäftigte wenden können (interne Meldestelle). Ist der Bund oder ein Land Beschäftigungsgeber, bestimmen die obersten Bundes- oder Landesbehörden Organisationseinheiten in Form von einzelnen oder mehreren Behörden, Verwaltungsstellen, Betrieben oder Gerichten. Die Pflicht nach Satz 1 gilt sodann für die Einrichtung und den Betrieb der internen Meldestelle bei den jeweiligen Organisationseinheiten. Für Gemeinden und Gemeindeverbände und solche Beschäftigungsgeber, die im Eigentum oder unter der Kontrolle von Gemeinden und Gemeindeverbänden stehen, gilt die Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb interner Meldestellen nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts.

(2) Die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 gilt nur für Beschäftigungsgeber mit jeweils in der Regel mindestens 50 Beschäftigten.

(3) Abweichend von Absatz 2 gilt die Pflicht nach Absatz 1 Satz 1 unabhängig von der Zahl der Beschäftigten für

  1. Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Absatz 10 des Wertpapierhandelsgesetzes,
  2. Datenbereitstellungsdienste im Sinne des § 2 Absatz 40 des Wertpapierhandelsgesetzes,
  3. Börsenträger im Sinne des Börsengesetzes,
  4. Institute im Sinne des § 1 Absatz 1b des Kreditwesengesetzes und Institute im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes,
  5. Gegenparteien im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2365 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2021/23 (ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils
    geltenden Fassung,
  6. Kapitalverwaltungsgesellschaften gemäß § 17 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs sowie
  7. Unternehmen gemäß § 1 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes mit Ausnahme der nach den §§ 61 bis 66a des Versicherungsaufsichtsgesetzes tätigen Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(4) Die nach Absatz 1 Satz 1 verpflichteten Beschäftigungsgeber erteilen der internen Meldestelle die notwendigen Befugnisse, um ihre Aufgaben wahrzunehmen, insbesondere, um Meldungen zu prüfen und Folgemaßnahmen zu ergreifen. Ist der Beschäftigungsgeber der Bund oder ein Land, gilt Satz 1 für die jeweiligen Organisationseinheiten entsprechend.

Gesetzesbegründung zu § 12 HinSchG

Zu Absatz 1
Die Vorschrift setzt Artikel 8 Absatz 1 der HinSch-RL um. Nach Artikel 8 Absatz 1 der HinSch-RL haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass von den Betroffenen interne Meldestellen eingerichtet werden. Eine Sanktionierung von Stellen, die gegen die Pflicht zur Einrichtung und zum Betrieb verstoßen, ist in § 40 Absatz 2 Nummer 2 geregelt. Darüber hinaus steht hinweisgebenden Personen in jedem Fall der Meldeweg der externen Meldestelle offen, so dass es im eigenen Interesse der nach diesem Absatz Verpflichteten liegt, über funktionsfähige interne Meldestellen Anreize zu schaffen dafür, dass Beschäftigte nicht im ersten Schritt bereits eine externe Meldestelle kontaktieren.
Für Bund und Länder als juristische Personen des öffentlichen Rechts ist Satz 2 zu beachten: Soweit sie Beschäftigungsgeber sind, können die obersten Bundes- oder Landesbehörden Organisationseinheiten in Form von einzelnen oder mehreren Behörden, Verwaltungsstellen, Betrieben oder Gerichten bestimmen, die interne Meldestellen einzurichten und zu betreiben haben. Durch diese flexible Regelung kann je nach Verwaltungs- und Organisationsstrukturen eine passgenaue Lösung gefunden werden, die eine niedrigschwellige Erreichbarkeit einer internen Meldestelle gewährleistet, ohne ineffiziente und zu kleinteilige Strukturen zu schaffen.

Für Gemeinden und Gemeindeverbände richtet sich die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen nach dem jeweiligen Landesrecht, da dem Bund insoweit infolge des „Durchgriffsverbots“ nach Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG eine unmittelbare Aufgabenübertragung an Gemeinden und Gemeindeverbände verwehrt ist. In Umsetzung von Artikel 8 Absatz 9 Unterabsatz 2 der HinSch-RL kann insoweit im jeweiligen Landesrecht auch vorgesehen werden, dass Gemeinden und Gemeindeverbände mit weniger als 10 000 Einwohnern von der Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen ausgenommen werden.

Zu Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 8 Absatz 3 und 9 Unterabsatz 2 der HinSch-RL um. Die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen erstreckt sich im Grundsatz auf alle Beschäftigungsgeber und gemäß Absatz 1 Satz 2 mit einer internen Meldestelle versehenen Organisationseinheiten mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten. Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.1991 – 2 AZR 356/90, Urteil vom 24.1.2013 – 2 AZR 140/12). Es soll nicht eine auf einen bestimmten Stichtag abgestellte Betrachtung erfolgen.

Zu Absatz 3
Absatz 3 erstreckt die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen auf bestimmte Unternehmer mit weniger als 50 Beschäftigten und setzt damit Artikel 8 Absatz 4 der HinSch-RL um.
Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen bereits nach geltendem Unionsrecht die Einrichtung und das Betreiben interner Meldekanäle vorgeschrieben sind. Die unionsrechtlichen Einzelrechtsakte, aus denen sich diese Pflicht jeweils ergibt, sind im Anhang in den Teilen I B und II der HinSch-RL aufgeführt.
Zu beachten ist § 4 Absatz 1: Soweit die dort genannten Vorschriften Vorgaben für interne Meldestellen beinhalten, gehen die dortigen Vorgaben diesem Gesetz vor. Eine Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen im Sinne dieses Gesetzes besteht damit nicht.

Zu Absatz 4
Damit die internen Meldestellen ihnen durch dieses Gesetz übertragenen Aufgaben ausüben können, werden die Beschäftigungsgeber verpflichtet, gegebenenfalls notwendige Regelungen zu treffen, damit die mit der Aufgabe betrauten Personen entsprechend tätig werden können. Die Beschäftigungsgeber nehmen die konkrete Ausgestaltung der Befugnisse der internen Meldestelle nach den Anforderungen dieses Gesetzes und im Rahmen der geltenden rechtlichen Grundlagen vor. Ist der Beschäftigungsgeber der Bund oder ein Land, gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend.