(1) Nach § 12 zur Einrichtung interner Meldestellen verpflichtete Beschäftigungsgeber richten für diese Meldekanäle ein, über die sich Beschäftigte und dem Beschäftigungsgeber überlassene Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer an die internen Meldestellen wenden können, um Informationen über Verstöße zu melden. Ist der Beschäftigungsgeber der Bund oder ein Land, gilt Satz 1 für die jeweiligen Organisationseinheiten entsprechend. Der interne Meldekanal kann so gestaltet werden, dass er darüber hinaus auch natürlichen Personen offensteht, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mit dem jeweiligen zur Einrichtung der internen Meldestelle verpflichteten Beschäftigungsgeber oder mit der jeweiligen Organisationseinheit in Kontakt stehen. Die interne Meldestelle sollte auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten. Es besteht allerdings keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen.
(2) Die Meldekanäle sind so zu gestalten, dass nur die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen zuständigen sowie die sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen Zugriff auf die eingehenden Meldungen haben.
(3) Interne Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglichen. Mündliche Meldungen müssen per Telefon oder mittels einer anderen Art der Sprachübermittlung möglich sein. Auf Ersuchen der hinweisgebenden Person ist für eine Meldung innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit einer für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Person der internen Meldestelle zu ermöglichen. Mit Einwilligung der hinweisgebenden Person kann die Zusammenkunft auch im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.
Gesetzesbegründung zu § 16 HinSchG
Die Vorgaben zur Einrichtung und Ausgestaltung interner Meldekanäle sind bewusst allgemein gehalten. Über die in diesem Gesetz genannten Vorgaben hinaus sollen die betroffenen juristischen Personen frei darin sein, wie sie Meldestelle betreiben. So ist es möglich, die Umstände des Einzelfalls angemessen zu berücksichtigen in Bezug auf die Größe der juristischen Person, die Anzahl der zu erwartenden Meldungen, die Sensibilität der möglicherweise betroffenen Materien sowie auf die Frage, ob über die Anforderungen dieses Gesetzes hinaus zusätzlich spezialgesetzliche Vorgaben an Meldestellen zu berücksichtigen sind (wie beispielsweise in § 23 Absatz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, § 25a Absatz 1 Satz 6 Nummer 3 KWG, § 28 Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 des Kapitalanlagegesetzbuchs, § 5 Absatz 8 des Börsengesetzes und § 55b Absatz 2 Nummer 7 WPO).
Zu Absatz 1
Die nach diesem Gesetz einzurichtenden Meldekanäle müssen zumindest den eigenen Beschäftigten und dem Beschäftigungsgeber überlassenen Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern (vergleiche § 1 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes) offenstehen. Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer sind einzubeziehen, da diese vom Beschäftigungsgeber oder auch in den Organisationseinheiten typischerweise wie deren eigene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt werden.
Darüber hinaus können die zur Einrichtung verpflichteten Stellen selbst entscheiden, ob das Meldeverfahren auch außenstehenden Personen, die im beruflichen Kontakt zu der Stelle stehen und dort einen Verstoß beobachten, offenstehen soll. Um den betroffenen Unternehmen möglichst weitgehende Freiheit zu lassen, die konkrete Ausgestaltung des internen Meldesystems den jeweiligen Bedürfnissen anzupassen, wurde die Vorschrift nicht verbindlich, sondern als Option formuliert. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Artikel 8 Absatz 2 der HinSch-RL.
Dabei kann die jeweilige Stelle entscheiden, die interne Meldestelle für alle natürlichen Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mit ihr in Kontakt steht, zu öffnen, oder auch den Kreis der Personen zu begrenzen, die über die in Satz 1 genannten Personen hinaus interne Meldungen erstatten können. Vergleichbar dem Verweis in Artikel 8 Absatz 2 der HinSch-RL auf Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b bis d und Absatz 2 der HinSch-RL kann dabei beispielsweise darauf abgestellt werden, ob es sich um Personen handelt, die als Selbständige für die betroffene Stelle arbeiten, um Personen, die für Auftragnehmer, Unterauftragnehmer oder Lieferanten arbeiten oder auch um Personen, deren Beschäftigtenverhältnis zwischenzeitlich beendet wurde.
Satz 5 hat klarstellenden Charakter. Die zur Einrichtung von internen Meldestellen Verpflichteten können frei darüber entscheiden, ob sie Systeme vorsehen, die die Abgabe und Bearbeitung anonymer Meldungen ermöglichen, oder ob sie hierauf verzichten. Systeme zur Abgabe anonymer Meldungen sollten aber nicht als Belastung angesehen werden, sondern ihre positiven Effekte in Betracht gezogen werden. Sie sind eine Möglichkeit, zusätzliche Hinweise zu erhalten und so noch mehr Verstöße schnell intern abstellen zu können um möglichen Schaden für den Beschäftigungsgeber zu vermeiden oder zu begrenzen. Gerade bei einer internen Meldung besteht die Gefahr, dass eine hinweisgebende Person von einem Hinweis absieht, da sie befürchtet, dass die Vertraulichkeit der Meldung nicht gewahrt wird. Systeme für die Abgabe anonymer Meldungen können so die Attraktivität des internen Meldekanals erhöhen, so dass hinweisgebende Personen von einer direkten Meldung an eine externe Meldestelle absehen.
Auch wenn keine Verpflichtung besteht, Meldekanäle nach dem vorliegenden Gesetz so einzurichten, dass diese zur Abgabe und Bearbeitung anonymer Hinweise sowie zur Rückmeldung an die anonym hinweisgebende Person ausgestattet sind, bedeutet dies nicht, dass anonym eingehenden Hinweisen überhaupt nicht nachgegangen werden soll. Vielmehr soll die interne Meldestelle auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten, soweit dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Hinweise nicht gefährdet wird. Dass auch anonyme Meldungen bearbeitet werden sollen, gilt insbesondere bei der Meldung gravierender Verstöße.
Anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber fallen unter die Schutzbestimmungen dieses Gesetzes, wenn ihre zunächst verdeckte Identität später bekannt wird.
Zu Absatz 2
Die Vorschrift setzt Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a der HinSch-RL um, der verlangt, dass Meldekanäle so konzipiert, eingerichtet und betrieben werden, dass nicht befugte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keinen Zugriff auf die eingehenden Meldungen haben. Damit wird sichergestellt, dass ein möglichst kleiner Personenkreis Kenntnis von der Identität der hinweisgebenden Person, von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, oder von sonstigen in der Meldung genannten Personen hat. Soweit über die Personen hinaus, die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen zuständig sind, weitere, sie hierbei unterstützende Personen Zugriff auf eingehende Meldungen haben, darf der Zugriff nur im Rahmen dieser Unterstützungstätigkeit und nur insoweit erfolgen, als dies für die Unterstützungstätigkeit notwendig ist. Dies gilt beispielsweise im Hinblick auf IT-Dienstleister, die Meldekanäle technisch betreuen. Die Vorschrift ergänzt die allgemeinen Vertraulichkeitsregeln des § 8.
Zu Absatz 3
Die Vorschrift setzt Artikel 9 Absatz 2 der HinSch-RL um. Um die Anforderungen besonders an diejenigen Unternehmen, die erstmalig entsprechende Strukturen aufbauen müssen, möglichst gering zu halten, soll es genügen, dass Meldungen entweder mündlich oder in Textform erfolgen können, solange bei dem gewählten Übertragungsweg die Vertraulichkeit der Identität der von der Meldung betroffenen Personen gewahrt ist.
Mündliche Meldungen müssen per Telefon oder mittels einer anderen Art der Sprachübermittlung ermöglicht werden. Welcher Zeitraum für das Angebot einer persönlichen Zusammenkunft als angemessen anzusehen ist, hängt auch von den jeweiligen Organisationsstrukturen ab und inwieweit diese eine kurzfristige persönliche Zusammenkunft ermöglichen. Überregional oder international tätige Beschäftigungsgeber oder gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2 mit einer internen Meldestelle versehene Organisationseinheiten können für die auf Wunsch der hinweisgebenden Person erfolgende persönliche Zusammenkunft vor Ort die Aufgaben der internen Meldestelle an eine Person vor Ort delegieren. Für die vor Ort beauftragte Person gelten die gleichen Verschwiegenheitspflichten wie für die regulären Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der internen Meldestelle. Die Möglichkeit für hinweisgebende Personen ein persönliches Gespräch zu führen, hat insbesondere bei der Betrauung eines Dritten mit den Aufgaben einer internen Meldestelle eine herausragende Bedeutung.